Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafurteil. richterliche Unterschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Das Fehlen jeglicher innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO geleisteten richterlichen Unterschrift des schriftlichen Urteils (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO) führt - abgesehen von dem Fall des Fehlens nur einer richterlichen Unterschrift bei der Entscheidung durch ein Kollegialgericht - grundsätzlich bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.

 

Normenkette

StPO § 275 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Aktenzeichen 11 Ns 97/16)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Siegen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Angeklagte ist am 14.09.2016 durch das Amtsgericht Olpe - 56 Ds 32 Js 283/16 (63/16) - wegen "Betruges in einem besonders schweren Fall" in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Siegen mit Urteil vom 30.12.2016 mit der Maßgabe verworfen, dass gegen den Angeklagten wegen Betruges in vier Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verhängt wurde.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner rechtzeitig eingelegten und mit der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision.

II.

Die Revision hat in der Sache zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Siegen.

Das angefochtene Urteil hält materiell-rechtlicher Überprüfung nicht stand, da es insofern bereits an der notwendigen Prüfungsgrundlage fehlt.

Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des erkennenden Richters (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO) zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben (vgl. OLG Köln, NStZ-RR 2011, 348; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 337 Rn. 27; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 337 Rn. 22). Das Fehlen einer innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO erfolgten individualisierbaren richterlichen Unterschrift ist hierbei - abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des Fehlens nur einer richterlichen Unterschrift bei der Entscheidung durch ein Kollegialgericht - dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen (vgl. BGH, NStZ 2001, 219; OLG Saarbrücken, NJOZ 2016, 1890; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2016, 287; OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 24) und führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils (vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; KK-Greger, a.a.O., § 275 Rn. 68; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 275 Rn. 29).

So liegt der Fall hier, da das angefochtene Urteil keinerlei handschriftliche Unterzeichnung mit einem Namenszug aufweist. Dieser Mangel der erforderlichen Unterzeichnung wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass unter die schriftlichen Urteilsgründe maschinenschriftlich der Name der Vorsitzenden der Strafkammer gedruckt und handschriftlich ein Datum ("9.1.17") notiert ist, da dieser Zusatz die vom Gesetz geforderte Unterzeichnung des Urteils nicht zu ersetzen vermag.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11209334

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