Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühr nach 4142 VV RVG. Rückgewinnungshilfe. Arrest
Leitsatz (amtlich)
Die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG entsteht nicht für Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Arrest zur Rückgewinnungshilfe.
Normenkette
RVG § 33; VV-RVG Nr. 4142; StPO §§ 111b, 111d, 111e
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 35 Kls 16/16) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist der Pflichtverteidiger der (ehemaligen) Angeklagten, der die Staatsanwaltschaft Essen mit Anklageschrift vom 07. März 2016 vorgeworfen hat, gemeinschaftlich mit weiteren Beteiligten den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt zu haben. Die (ehemalige) Angeklagte war in der Zeit von März 2010 bis November 2011 gemeinsam mit weiteren Beteiligten Gesellschafterin der N GbR aus E, die einen Groß- und Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten und Zubehör betrieb. Die Staatsanwaltschaft Essen warf den Beteiligten vor, im relevanten Zeitraum wider besseres Wissen erhebliche Vorsteuerbeträge unberechtigt geltend gemacht und auf diese Weise die Umsatzsteuerzahllasten erheblich gesenkt zu haben.
Bereits am 22. Juni 2011 war wegen der hier relevanten Vorwürfe durch das Amtsgericht Essen (Az. 44 Gs 2198/11) ein dinglicher Arrest in das Vermögen der N GbR in Höhe von 305.528,00 € gemäß §§ 111 b Abs. 2 und Abs. 5, 111 d, 111 e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 S. 2, 73a StGB, 370 AO zur Sicherung der den Verletzten aus der Straftat erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche erlassen worden. In Vollziehung des Arrestes konnten bei der N GbR Vermögenswerte in Höhe von etwa 60.000,- € gesichert werden.
Am 05. August 2016 wurde die Beteiligung der N GbR als Drittverfallsbeteiligte am Verfahren angeordnet. Die zuständige XV. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Essen hat das Verfahren gegen die (ehemalige) Angeklagte mit Beschluss vom 12. September 2016 abgetrennt und zunächst vorläufig gemäß § 153a StPO eingestellt. Nach Zahlung einer Geldauflage von 2.000,- € ist das Verfahren gegen die (ehemalige) Angeklagte mit Beschluss der Kammer vom 07. Februar 2017 endgültig eingestellt worden.
Am 09. September 2016 hat der Beschwerdeführer beantragt, gemäß § 33 RVG den Streitwert für seine Verteidigertätigkeit im Zusammenhang mit einer Einziehung auf 438.000,- € festzusetzen.
Diesen Antrag hat die Kammer, auf die die Entscheidung durch den Einzelrichter gemäß § 33 Abs. 8 RVG übertragen worden war, mit dem angegriffenen Beschluss als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Rechtschutzbedürfnis für den Antrag nicht bestehe. Eine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG sei nicht angefallen. Es liege keine Tätigkeit für die (ehemalige) Angeklagte vor, da der Arrest lediglich die N GbR und nicht die (ehemalige) Angeklagte selbst betroffen habe.
Mit der am 13. Januar 2017 bei Gericht eingegangenen und mit Schreiben vom 23. Februar 2017 begründeten Beschwerde hat der Beschwerdeführer vorgetragen, der Arrest sei gegen die Gesellschaft gerichtet gewesen, in der die (ehemalige) Angeklagte Geschäftsführerin war. Die Auswirkungen des Arrestes hätten sie daher ebenso wie die N GbR direkt getroffen.
Die XV. große Strafkammer des Landgerichts Essen hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09. März 2017 nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Stellungnahme vom 21. März 2017 beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die gemäß § 33 Abs. 4 RVG statthafte und gemäß § 33 Abs. 8 RVG durch den Senat zu entscheidende Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zutreffend ist die XV. große Strafkammer des Landgerichts Essen davon ausgegangen, dass der Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG unzulässig ist. Denn die Zulässigkeit des Antrages setzt nach § 33 Abs. 2 RVG voraus, dass die Vergütung fällig ist.
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn dem Beschwerdeführer steht ein Anspruch nach Nr. 4142 VV RVG nicht zu.
Dies folgt jedoch nicht aus der Tatsache, dass sich der Arrest gegen die N GbR und nicht gegen die (ehemalige) Angeklagte selbst richtete. Zwar ist die Vollstreckung aus einem Titel, der sich gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts richtet, nur in Gesellschaftsvermögen und nicht in das sonstige Vermögen eines jeden Gesellschafters möglich. Das Gesellschaftsvermögen ist ein sachenrechtlich zusammengefasstes, den Gesellschaftern in ihrer gesamthändischen Verbundenheit zugeordnetes Sondervermögen. Dieses Vermögen ist vom Vermögen eines jeden Gesellschafters geschieden (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auf. 2016 § 736 Rdn. 2, zitiert nach [...]). Aus der Tatsache aber, dass das Gesellschaftsvermögen zumindest auch der (ehemaligen) Angeklagten zustand - wenn auch gesamthänderisch gebunden - folgt aber auch, dass es sich bei einer Tätigkeit des Verteidigers im Zusammenhang mit dem Arrest gegen die N GbR grundsätzlich um eine Tät...