Leitsatz (amtlich)
1) Gegen die Aufhebung der Nachlassverwaltung ist ein Nachlassgläubiger auch dann beschwerdeberechtigt, wenn die Nachlassverwaltung nicht auf seinen Antrag angeordnet wurde.
2) Ist aus dem Nachlass eine Rentenverpflichtung zu erfüllen, kann gegen den Widerspruch des Rentenberechtigten die Nachlassverwaltung nur dann aufgehoben werden, wenn die künftige Erfüllung der Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Normenkette
BGB § 1986
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Beschluss vom 16.12.2009; Aktenzeichen 110 VI 158/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Es wird eine Nachlassverwaltung des Nachlasses des am 17.11.1999 in C2, seinem letzten Wohnsitz, verstorbenen C, geb. am 24.10.1917, angeordnet.
Zum Nachlassverwalter wird der Steuerberater T bestellt.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.
Der Geschäftswert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Auf den Antrag der Beteiligten zu 1) bis 3) bestellte das AG mit Beschluss vom 13.8.2001 den Beteiligten zu 7) zum Nachlassverwalter des am 17.11.1999 verstorbenen Dipl.-Ing. C.
Der Erblasser hatte seiner zweiten Ehefrau, der jetzt 86jährigen Beteiligten zu 4), mit notariell beurkundetem Erbvertrag vom 18.10.1999 eine lebenslängliche monatliche Rente in Höhe seiner damaligen Geschäftsführerbezüge vermacht. Zusätzlich war am 1. Juni und 1. Dezember eines jeden Jahres jeweils eine Rente zu zahlen. Die Höhe der Rente ist wertgesichert anhand der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes für alle Verbrauchergruppen. Sie beträgt derzeit 9.590,62 EUR. Wegen dieser Rentenverpflichtung unterwarf sich der Beteiligte zu 6) als Nachlassverwalter in einer notariell beurkundeten Erklärung vom 18.10.2001 ggü. der Beteiligten zu 4) der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Nach der vom Beteiligten zu 7) in Auftrag gegebenen versicherungsmathematischen Ermittlung des Kapitalbetrags der Rente durch den Versicherungs- und Wirtschafts-Mathematiker L aus I beträgt der Barwert der Rente zum 31.12.2008 1.108.164 EUR. Dieses Gutachten übersandte der Beteiligte zu 7) dem Nachlassgericht mit Schreiben vom 20.11.2008, in dem er ausführte, es wäre für die Beteiligte zu 4) eine in Ansehung aller Risikofaktoren ausreichende Sicherheit gegeben, wenn der vom Sachverständigen ermittelte Rentenbarwert als gesperrtes Guthaben eingefroren wäre. Nach seinem weiteren Schreiben vom 26.5.2009 hat er sich wegen der Sicherstellung der Rente mit der Sparkasse C2 und Volksbank C2 in Verbindung gesetzt.
Mit Beschluss vom 16.12.2009 hat das AG im Einverständnis mit den Beteiligten zu 1) bis 3) die Nachlassverwaltung aufgehoben mit der Begründung, nach dem Vortrag des Beteiligten zu 7) seien alle bekannten Nachlassverbindlichkeiten berichtigt. Die Erfüllung des Vermächtnisses der Beteiligten zu 4) sei laut Sachlage und Vortrag des Nachlassverwalters auch zukünftig gesichert.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 4) mit Schriftsatz vom 4.1.2010 Beschwerde eingelegt, der das AG mit Verfügung vom 11.1.2010 nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde ist nach § 58 FamFG statthaft und gem. § 63 Abs. 1 FamFG rechtzeitig eingelegt worden. Die Beteiligte zu 4) ist als Nachlassgläubigerin nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt. § 59 Abs. 2 FamFG steht ihrem Beschwerderecht hier nicht entgegen. Denn die Nachlassverwaltung ist eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (§ 1975 BGB). Die Beteiligte zu 4) hat durch die Anordnung der Nachlassverwaltung eine Rechtsposition erhalten, aufgrund derer die Haftung zwar gem. § 1975 BGB auf den Nachlass beschränkt war, andererseits aber ihre monatlichen Rentenzahlungen sichergestellt worden sind durch einen Nachlassverwalter, der - anders als der Nachlasspfleger, der gesetzlicher Vertreter des oder der endgültigen Erben ist (BGH NJW 1972, 1752) - ein Amt (vgl. § 1987 BGB) zur Verwaltung fremden Vermögens (RGZ 135, 307) führt zwecks Wahrnehmung der Belange aller Beteiligten (Erben und Gläubiger). In diese Rechtsposition greift der angefochtene Beschluss ein. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Beteiligte zu 4) diese Rechtsposition nicht mehr selbst durch einen Antrag auf Anordnung der Nachlasslassverwaltung hätte erlangen können, nachdem die Nachlassverwaltung auf den Antrag der Erben angeordnet worden war, dass aber im Zeitpunkt der Anordnung der Nachlassverwaltung die Zwei-Jahres Frist des § 1981 Abs. 2 S. 2 BGB zur Beantragung der Nachlasspflegschaft für sie noch nicht abgelaufen war.
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Denn das Nachlassgericht hat zu Unrecht die Nachlassverwaltung aufgehoben.
Als Grund für die Aufhebung der Nachlassverwaltung benennt das Gesetz ausdrücklich den Fall, dass eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist (§ 1988 Abs. 2 BGB). Da die Nachlassverwaltung eine (Nachlass-)pflegschaft ist, gelten für sie die Vorschriften über die Vormundschaft, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 1915 BGB). Die Aufhebung der auf Antrag der Erben rechtswirk...