Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderjährigenunterhalt: Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit des Schuldners bei vollschichtiger Arbeit. Absenkung des Selbstbehalts bei Zusammenleben mit einem Partner

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausübung einer Nebentätigkeit an den Wochenenden erscheint trotz der gesteigerten Erwerbsobliegenheit neben einer vollschichtigen Tätigkeit im Umfang von 172 Stunden im Monat regelmäßig nicht zumutbar.

2. Zur Absenkung des Selbstbehalts und Zurechnung eines fiktiven Einkommens.

 

Normenkette

BGB §§ 1601 ff.

 

Verfahrensgang

AG Lüdinghausen (Beschluss vom 02.11.2010; Aktenzeichen 13 F 130/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der am 2.11.2010 verkündete Beschluss des AG - Familiengericht - Lü-dinghausen teilweise abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragsteller für die Zeit ab Januar 2010 Kindesunterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:

an den Antragsteller zu 1):

für die Zeit von Januar bis Mai 2010 19 EUR

für die Zeit ab Juni 2010 125,55 EUR;

an die Antragstellerin zu 2):

für die Zeit von Januar bis Mai 2010 16 EUR

für die Zeit ab Juni 2010 105,49 EUR.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen; die weitergehende Beschwerde wird ebenfalls zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern zu 1/10 und dem Antragsgegner zu 9/10 auferlegt.

Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Kindesunterhalt an die beiden Antragsteller für die Zeit ab Januar 2010.

Der am 19.4.1971 geborene Antragsgegner und die am 5.3.1969 geborene Mutter der Antragsteller haben am 14.6.1996 die Ehe geschlossen. Seit Juni 2005 leben sie getrennt, ihre Ehe wurde am 21.7.2007 rechtskräftig geschieden. Aus dieser Ehe sind die Kinder N, geboren am 2.11.1996, sowie Z, geboren am 20.12.2001, hervorgegangen. Die Kinder leben im Haushalt ihrer Mutter, die seit dem 29.12.2009 erneut verheiratet ist und das Kindergeld bezieht. Seit Januar 2010 erhalten die bei ihr lebenden Kinder keine Leistungen nach dem UVG mehr.

Der Antragsgegner hat im Jahre 1986 die Hauptschule mit dem Abgangszeugnis der 8. Klasse ohne Abschluss verlassen und sodann von 1986 bis 1987 an einem Berufsvorbereitungsjahr in E teilgenommen, wodurch er dort den Hauptschulabschluss erlangt hat. Im August 1987 begann er eine Ausbildung über 18 Monate als Fleischer bei der Firma C, die jedoch ohne Abschluss blieb. Er wurde von dieser Firma nicht übernommen. Im Anschluss hieran war er 2 Monate arbeitslos und sodann für rund 3 Jahre als Hilfsarbeiter auf dem Bau tätig. Anschließend war er für etwa ein Jahr nochmals in einer Fleischerei tätig, wobei er beabsichtigte, seine Prüfung nachzuholen, was jedoch nicht gelang. Anschließend hat er noch für jeweils kurze Zeiträume in 2 anderen Fleischereien gearbeitet; auch dort ist es ihm jedoch nicht gelungen, einen beruflichen Abschluss zu erlangen, so dass er keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt. Ab August 1997 bis Mitte 2007 war er als Paketzusteller bei der Firma T bzw. deren Nachfolgerin tätig, sodann wechselte er zur Firma Q, die jedoch auch Ende des Jahres 2007 in Insolvenz geriet. Von Januar bis November 2008 war er im Paketzustellungsdienst bei der Firma B tätig, seit dem 1.12.2008 ist er nunmehr als Berufskraftfahrer bei der Firma L in C angestellt. Er arbeitet dort im Umfang von 172 Stunden im Monat als Kraftfahrer im Paketzustelldienst und erhält ein monatliches Bruttoeinkommen von 1300 EUR. Weitere Leistungen wie Weihnachtsgeld etc. werden nicht gewährt. Sein Arbeitsplatz liegt in N, er selbst wohnt in I2.

Mit Schreiben vom 3.12.2009 wurde der Antragsgegner durch die Antragsteller aufgefordert, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu geben. Da er sich für leistungsunfähig hielt, beantragten die beiden Kinder mit Antragsschrift vom 1.7.2010 im vorliegenden Verfahren die Zahlung von Unterhalt in monatlicher Höhe von insgesamt 231,04 EUR, nämlich von 125,55 EUR für N und von 105,49 EUR für Z. Zur Begründung führten sie aus, der Antragsgegner erziele ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 972,79 EUR zzgl. einer anteiligen Steuererstattung von 4,25 EUR. Da er ihnen gegenüber gesteigert erwerbsverpflichtet sei, müsse er einer Nebenbeschäftigung zur Deckung des Kindesunterhaltes nachgehen, so dass ihm ein Betrag von weiteren 200 EUR fiktiv zuzurechnen sei. Abzuziehen seien hiervon Fahrtkosten für eine einfache Entfernung zwischen seiner Wohnung in I2 und seinem Arbeitsplatz in N über 12 km mit 132 EUR. Der ihm zu belassende notwendige Selbstbehalt von 900 EUR sei um mindestens 10 % im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin auf 810 EUR abzusenken, so dass eine Verteilungsmasse von 235,04 EUR zur Verfügung stehe, woraus sich nach Mangelfallberechnung die jeweils verfolgten Kindesunterhaltsansprüche ergäben.

Der Antragsgegner ist dem geltend gemachten Unterhaltsanspruch entgegengetreten und hält sich für leistungsunfähig, da sein unterhaltsrelevantes bereinigtes Ei...

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