Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung werden nicht dadurch verletzt, dass der Zeitpunkt der Fortsetzung der Hauptverhandlung in demselben Saal des Gerichtsgebäudes aber zu späterer Uhrzeit desselben Tages auf dem ausgehängten Terminsverzeichnis nicht vermerkt ist.
Verfahrensgang
AG Minden (Aktenzeichen 15 OWi 348/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).
Gründe
Gründe
I.
Das Amtsgericht Minden hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 Euro verurteilt und ihm unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Während die Sachrüge allgemein erhoben wurde, rügt der Betroffene mit einer Verfahrensrüge die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Laut dem vor dem Sitzungssaal ausgehängten Terminverzeichnis sollte die Hauptverhandlung im vorliegenden Verfahren um 11.20 Uhr beginnen. Anschließend
waren ab 12.40 Uhr weitere Hauptverhandlungen in anderen Verfahren terminiert. Tatsächlich habe die Hauptverhandlung um 12.02 Uhr begonnen. Um 12.44 Uhr sei die Sitzung unterbrochen und um 13.08 Uhr fortgesetzt worden. Um 13.30 Uhr sei die Hauptverhandlung bis zu ihrer Fortsetzung um 15.10 Uhr erneut unterbrochen worden.
Der Betroffene bemängelt, dass auf dem Terminverzeichnis weder die ursprünglich geplante Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.40 Uhr noch die tatsächliche Fortsetzung um 15.10 Uhr vermerkt gewesen sei, zumal das Terminverzeichnis als Beginn der letzten Hauptverhandlung an diesem Tage 14.20 Uhr ausgewiesen habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann dahin stehen, ob die erhobene Verfahrensrüge bereits unzulässig ist, weil in der Rechtsbeschwerdebegründung die Angabe fehlt, warum das Gericht den
behaupteten Verfahrensverstoß zu vertreten hat ( dazu Senat, StV 2002, 474) oder dass sich dadurch jemand von der Teilnahme an der Sitzung hat abhalten lassen (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO - Kuckein, 6. Auflage, § 344, Rdnr. 49;
Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage, § 338, Rdnr. 50a). Auch kann dahinstehen, ob der Öffentlichkeitsgrundsatz in Verfahren über Ordnungswidrigkeiten überhaupt uneingeschränkt gilt (vgl. Karlsruher Kommentar zum OWiG - Senge, 3. Auflage, § 71,
Rdnr. 54).
Die Verfahrensrüge ist jedenfalls deshalb unbegründet , weil die Vorschriften über die Öffentlichkeit nicht dadurch verletzt wurden, dass der Zeitpunkt der Fortsetzung der Hauptverhandlung in demselben Saal des Gerichtsgebäudes aber zu späterer Uhrzeit desselben Tages auf dem ausgehängten Terminverzeichnis nicht vermerkt war.
Zeit und Ort der Fortsetzung waren in der Hauptverhandlung nämlich ordnungsgemäß verkündet worden. Bereits dies reicht für die Wahrung des Öffentlichkeitsgrundsatzes (Senat, StV 2002, 474). Dagegen fallen Terminsankündigungen als solche nicht unter den Schutz von § 169 GVG (BVerfG NJW 2002, 814; BGH NStZ-RR 2002, 261; Senat, NZV 2011, 94), so dass insbesondere auch unschädlich ist, wenn der Aushang keinerlei Uhrzeit aufweist (BVerfG NJW-RR 2006, 1653). Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung beinhaltet nämlich nicht, dass jedermann immer und unter allen Umständen wissen muss, wann und wo das Gericht eine Hauptverhandlung durchführt; es reicht vielmehr aus, dass jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten davon Kenntnis zu verschaffen, und dass der tatsächliche Zutritt im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten ungehindert eröffnet ist (BVerfG NJW-RR 2006, 1653; BVerfG NJW 2002, 814; BGH v. 09.12.2009 - 5 StR 482/09 - juris; BGH, Urt. v. 22.01.1981, 4 StR 97/80 -juris; OLG Koblenz NZV 2011, 266). Denn Sinn und Zweck der Prozessmaxime (vgl. BVerfGE 15, 303, 307) ist in erster Linie die Kontrolle des Verfahrensgangs durch die Allgemeinheit (BVerfG NJW 2002, 814). Diese Kontrolle war hier nicht beeinträchtigt. Jedermann hätte den Zeitpunkt der Fortsetzung der Hauptverhandlung unschwer erfragen können. Die Rechtsbeschwerde hat auch nicht etwa dargelegt, dass konkreten Personen die Teilnahme an der Hauptverhandlung auf Grund der Verlegung der Terminstunde nicht möglich gewesen wäre (vgl. BVerfG NJW 2002, 814).
Hinzu kommt, dass die Hauptverhandlung auch nicht etwa an anderer Stelle sondern im (selben) Gerichtsgebäude im selben Saal - nur zu späterer Uhrzeit - fortgesetzt wurde, so dass auch nicht aufgrund eines Wechsels der Gerichtsstelle gesteigert...