Entscheidungsstichwort (Thema)
AUB, maßgeblicher Zeitpunkt für die Erstbemessung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Rechtsstreit um die Erstbemessung des Invaliditätsgrades kommt es nur dann auf den Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfallereignis an, wenn bei Klageerhebung bedingungsgemäß noch eine Nachprüfung möglich ist. Ansonsten ist der Zeitpunkt ein Jahr nach dem Unfallereignis bzw. der Zeitpunkt einer einvernehmlichen Begutachtung nach Abschluss des Heilverfahrens maßgeblich.
2. Auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der dieser zugrunde liegenden gutachterlichen Untersuchung, die außerhalb der 3-Jahresfrist liegt, kommt es nicht an (entgegen OLG Düsseldorf, VersR 2013, 1573).
3. Der Bemessung des Invaliditätsgrades sind alle zum maßgeblichen Zeitpunkt vorliegenden Tatsachen und Erkenntnisse zugrunde zu legen.
4. Eine später vorgenommene Sprunggelenksversteifung bleibt unberücksichtigt, wenn sie zum maßgeblichen Stichtag erörtert oder in Betracht gezogen wurde, die spätere Notwendigkeit aber noch nicht absehbar war.
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer Unfallverletzung vom 5.5.2008 auf Zahlung weiterer Invaliditätsentschädigung in Anspruch.
Die Parteien sind seit dem Jahr 2005 über eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 50.000 EUR mit Progression 500 % verbunden. Vertragsgrundlage sind die AUB 02.02, deren Gliedertaxe in Ziff. 2.1.2.2.1 für das Bein einen Invaliditätsgrad von 70 % festlegt.
Der Kläger stürzte am 5.5.2008 von einer Leiter und erlitt dabei Verletzungen am rechten Sprunggelenk, die im August 2008 erstmals operativ versorgt werden mussten. Danach unterzog sich der Kläger im April 2010 einer Knochen-Knorpel-Transplantation vom rechten Kniegelenk ins rechte Sprunggelenk. Der von der Beklagten mit der Invaliditätsbeurteilung betraute Sachverständige Dr. B, der unter dem 27.2.2009 bereits ein erstes Gutachten erstellt hatte, bemaß die Invalidität des Klägers nach einer weiteren Untersuchung am 9.2.2011 in seinem zweiten Gutachten vom 10.2.2011 auf 5/20 Beinwert, und zwar im Hinblick auf das rechtsseitig schonhinkende Gangbild, die Narben im Bereich des rechten Sprunggelenks und des rechten Kniegelenks, die Verplumpung und (einen Teil der) Bewegungseinschränkungen des rechten Sprunggelenks sowie die Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk. Die Beklagte rechnete den Invaliditätsanspruch daraufhin unter dem 15.2.2011 nach 5/20 Beinwert ab und zahlte dem Kläger 8.750 EUR.
Mit seiner Klage vom 21.6.2011 hat sich der Kläger auf den Standpunkt gestellt, ihm stehe eine weitere Invaliditätsentschädigung i.H.v. 15.750 EUR zu, weil seine Invalidität richtigerweise mit 8/20 Beinwert zu bemessen sei. Insoweit habe der Sachverständige der Beklagten unrichtigerweise nicht berücksichtigt, dass der Kläger als weitere Unfallfolge eine Sensibilitätsminderung bzw. einen Sensibilitätsausfall im rechten Unterschenkel erlitten habe. Außerdem habe der Sachverständige zu Unrecht die im rechten Fuß bestehende Fußheberschwäche zum Teil auf den im Jahr 2002 unstreitig erlittenen Bandscheibenvorfall zurückgeführt. Schließlich habe der Sachverständige nicht die Instabilität des rechten Kniegelenks berücksichtigt.
Das LG hat dem Sachverständigen Dr. V mit Beweisbeschluss vom 9.11.2011 aufgegeben, die vom Kläger behauptete Invalidität von 8/20 Beinwert angesichts der bis zum 5.5.2011 aufgetretenen Unfallfolgen zu überprüfen. Mit seinem Gutachten vom 8.5.2012 hat der Sachverständige die Einschätzung des Privatsachverständigen Dr. B angesichts der von ihm am 13.2.2012 erhobenen Untersuchungsergebnisse unterstützt und eine Invalidität von lediglich 5/20 Beinwert festgestellt. Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden hat er ausgeführt, dass sich eine Sensibilitätsminderung allenfalls noch im rechten Vorfuß nachweisen lasse. Die Fußheberschwäche beruhe auf dem Bandscheibenvorfall aus dem Jahr 2002 und sei infolge des Unfalls nicht verschlimmert. Eine Kniegelenksinstabilität bestehe darüber hinaus nicht. An dieser Einschätzung hielt der Sachverständige Dr. V auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 9.10.2012 fest.
Am 29.11.2012 unterzog sich der Kläger wegen fortbestehender Beschwerden einer weiteren Operation am rechten Sprunggelenk und ließ dieses versteifen, nachdem eine solche Maßnahme (sog. Arthrodese) bereits im Jahr 2010 mit dem Kläger erörtert worden war.
In der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 8.4.2013 hat der Sachverständige Dr. V den Invaliditätsgrad nach einer Sprunggelenksversteifung grundsätzlic...