Leitsatz (amtlich)

Dem Verweisungsbeschluss eines Gerichts kann die Bindungswirkung fehlen, wenn das Gericht bei der Beschlussfassung zu einem Frachtvertrag allein auf den nach seiner Auffassung nicht vorliegenden Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) abstellt und übersieht, dass der Kläger in der Klageschrift seine örtliche Zuständigkeit bereits zutreffend mit dem Ort der Ablieferung des Frachtgutes (§ 30 ZPO) begründet hatte.

 

Normenkette

ZPO §§ 29-30, 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Aktenzeichen 19 C 61/18)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Olpe.

 

Gründe

I. Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.

Dem Rechtsstreit liegt - soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang - im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:

Die in Attendorn wohnhafte Klägerin begehrt von der Beklagten, einer Möbelspedition mit Sitz in Hagen/Westf. Schadensersatz für einen behaupteten Transportschaden. Die Klägerin hatte die Beklagte mit deren Umzug aus Ronco/Schweiz nach Attendorn beauftragt. Der vereinbarte Umzug wurde am 28.06.2016 mit mehreren Helikopterflügen, mit denen seitens der Beklagten die Firma F. beauftragt worden war, durchgeführt und das Umzugsgut anschließend von der Beklagten zur neuen Wohnung der Klägerin in Attendorn weitertransportiert.

Die Klägerin verweist darauf, dass die transportierten Möbel bei dem Umzug erheblich beschädigt worden seien und nimmt die Beklagte deshalb auf Schadensersatz in Höhe von 2.988,67 EUR zzgl. Nebenforderungen in Anspruch.

Die Klägerin hat die Beklagte zunächst vor dem Amtsgericht Olpe in Anspruch genommen unter Verweis darauf, dass der Ort der Ablieferung des Umzugsgutes jsjs unstreitig - in Attendorn und damit im Bezirk des Amtsgerichts Olpe liegt.

Mit Verfügung vom 27.09.2017 hat das Amtsgericht Olpe darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit bestünden. Da beim Speditions- oder Frachtvertrag der Absende- und Ablieferungsort nicht bzw. nur ausnahmsweise den Erfüllungsort bildeten und Erfüllungsort regelmäßig der Sitz des Spediteurs sei, werde eine Verweisung an das zuständige Gericht angeregt. Mit Schriftsatz vom 03.01.2018 hat die Klägerin, nachdem zunächst die ladungsfähige Anschrift der Beklagten hatte geklärt werden müssen, Verweisung an das Amtsgericht Hagen beantragt.

Mit Beschluss vom 24.01.2018 hat sich das Amtsgericht Olpe daraufhin unter Verweis auf § 29 ZPO als Gerichtsstand des Erfüllungsortes für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hagen verwiesen.

Das Amtsgericht Hagen hat die Übernahme des Verfahrens mit Verfügung vom 14.02.2018, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, abgelehnt und das Verfahren an das Amtsgericht Olpe zurückgegeben, das seinerseits die Übernahme unter Verweis auf die Bindungswirkung seines Verweisungsbeschlusses vom 24.01.2018 gemäß § 281 ZPO den Rechtsstreit erneut dem Amtsgericht Hagen vorgelegt hat.

Daraufhin hat sich das Amtsgericht Hagen nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 04.05.2018, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht Hamm zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 ZPO vorgelegt. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Olpe sei rechtlich unzutreffend und willkürlich. Zum einen entspreche es allgemeiner Meinung, dass bei einem Umzugsvertrag der Bestimmungsort des Umzugsgutes der Erfüllungsort i.S.d. § 29 ZPO sei. Zum anderen ergebe sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Olpe auch aus § 30 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der Senat die Parteien mit Verfügung vom 23.05.2018 angehört. Hierzu haben sich die Parteien nicht geäußert.

II. Die Voraussetzungen einer Bestimmung des Gerichtsstands gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

Die Amtsgerichte Olpe und Hagen haben sich beide im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für örtlich unzuständig erklärt. Das Amtsgericht Olpe hat den Rechtsstreit durch den grundsätzlich gemäß § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss vom 24.01.2018 an das Amtsgericht Hagen verwiesen. Das Amtsgericht Hagen hat durch - den Parteien bekannt gemachten - Beschluss vom 04.05.2018 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, sich ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem Oberlandesgericht Hamm zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung den Anforderungen, die an rechtskräftige Unzuständigkeitserklärungen im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.1987, I ARZ 809/87, juris; BGH, Beschluss vom 10.09.2002, X ARZ 217/02, juris; Senat, Beschluss vom 25.07.2013, 32 SA 46/13, juris).

Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO auch zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit als das im Rechtszug zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht berufen. Denn das Amtsgericht Olpe liegt im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Siegen und das Amtsge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge