Verfahrensgang

LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 365/17)

 

Tenor

Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 S.1 ZPO zurückzuweisen.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der beklagten Gemeinde Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen eines Sturzes, der sich am 01.02.2017 gegen 8.00 Uhr in B, T-Straße, im Bereich des dort gelegenen Kindergartens ereignete. Die Klägerin stellte ihr Fahrzeug vor dem Grundstück des Kindergartens ab, stieg aus und ging um das Fahrzeug herum, wobei sie noch auf der Fahrbahn aufgrund einer glatten Stelle stürzte. Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, sie habe sich bei dem Unfall insb. eine Subluxation III. Grades des Zahnes 21 zugezogen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- und Streupflicht sei nicht feststellbar, da die Klägerin eine allgemeine Straßenglätte schon nicht substantiiert vorgetragen habe. Wegen des weiteren Sachverhalts und der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils vom 16.03.2018 Bezug verwiesen.

Mit ihrer fristgerechten und begründeten Berufung rügt die Klägerin die Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellung. Sie macht geltend, es sei am Unfalltag jahreszeitlich bedingt zu einer Glatteisbildung gekommen. Nach dem Sturz habe der Zeuge U die Unfallstelle großflächig gestreut, weil er insgesamt eine Glättebildung auf der Straße festgestellt habe. Im Übrigen habe sich nach den Angaben ihres Ehemannes, des Zeugen G, auch schon am Vorabend Straßenglätte gebildet. Das Landgericht hätte die Klage nicht ohne Einvernahme der benannten Zeugen zur Frage des Bestehens einer konkreten Gefahrenlage abweisen dürfen.

Sie beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 1.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 01.02.2017 auf der T-Straße in B zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S.1 ZPO.

Das Landgericht hat die auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen gegen die beklagte Gemeinde keine Ansprüche aus § 839 BGB, i.V.m. Art. 34 GG, §§ 9, 9a, 47 Abs. 1 StrWG NRW, § 1 Abs. 2 StrReinG NRW aufgrund des Unfallereignisses vom 01.02.2017 zu.

Der Klägerin obliegt es nach den Regeln über die Darlegungslast, die Voraussetzungen der Streupflicht und deren Versäumung darzutun und erforderlichenfalls zu beweisen (vgl. BGH NJW 2012, 2727 Tz.9; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 823 Rn. 230). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin das Bestehen einer Streupflicht am Unfalltag nicht schlüssig dargelegt hat. Auf Beweisfragen kommt es deshalb nicht an.

1. Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht richten sich nach ständiger ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Danach sind Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs (BGH VersR 1991, 665; OLG Brandenburg, Urt. 02.03.2010, Az.: 2 U 6/08 Tz.24, zitiert nach juris). Allerdings gilt die den Kommunen obliegende Räum- und Streupflicht nicht uneingeschränkt, sondern steht sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, so dass es namentlich auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH NJW 2003, 3622 Tz.8). Ferner muss sich jeder Verkehrsteilnehmer - auch und gerade im Winter - den ihm erkennbar gegebenen Straßenverhältnissen anpassen (OLG Koblenz, Urt. v. 27.10.2010, Az.: 1 U 170/10, Tz.14, zitiert nach juris). Der Sicherungspflichtige hat aber durch Schneeräumen und Streuen mit abstumpfenden Mitteln die Gefahren, die infolge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen, im Rahmen und nach Maßgabe der genannten Grundsätze zu beseitigen (BGH VersR 1991, 665). Dabei ist seit langem anerkannt, ...

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