Leitsatz (amtlich)
Das Ausschöpfen von Rechtsmitteln und Rechten durch einen Betroffenen kann grundsätzlich nicht als unlauter angesehen werden. Die dadurch entstehende Verfahrensverzögerung muss bei der Beurteilung der Frage, ob langer Zeitablauf der Erforderlichkeit des Fahrverbotes entgegensteht, berücksichtigt werden.
Verfahrensgang
AG Recklinghausen (Entscheidung vom 26.04.2005) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit Urteil vom 9. März 2004 wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit §§ 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 550 EUR verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dieses Urteil hat der Senat auf die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 12. Juli 2004 aufgehoben und an das Amtsgericht zurückverwiesen, weil die obergerichtlichen Anforderungen an die Identifizierung des Betroffenen anhand eines vom Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes nicht hinreichend beachtet waren (vgl. Beschluss des Senats in 2 Ss OWi 403/04; VD 2004, 217 = VA 2004, 175). Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht den Betroffenen nunmehr in dem angefochtenen Urteil erneut wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt und eine Geldbuße von 275 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 5. Oktober 2003 die BAB A 43 im Bereich Recklinghausen mit einer Geschwindigkeit von 150 km/h befahren hat, obwohl im Messbereich nur eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zulässig war. Das Amtsgericht ist unter Berücksichtigung eines Toleranzwertes von 5 km/h von einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 145 km/h und damit von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 65 km/h ausgegangen.
Hiergegen richtet sich die erneute Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr war die Rechtsbeschwerde entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen lässt.
1.
Die mit der Rechtsbeschwerdebegründung konkludent erklärte Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist zulässig und wirksam. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu dem dem Betroffenen zur Last gelegten Geschwindigkeitsverstoß sind ausreichend (vgl. dazu u.a. Senat in DAR 2004, 407 = VRS 106, 458 mit weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Es beschwert den Betroffenen nicht, dass das Amtsgericht ihn nur wegen eines fahrlässigen Verstoßes verurteilt hat, obwohl angesichts des Maßes der Geschwindigkeitsüberschreitung die Annahme von Vorsatz im Zweifel nicht zu beanstanden gewesen wäre (vgl. dazu OLG Hamm DAR 2005, 407 = VA 2005, 102 = VRS 108, 447).
Wegen der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch kann es auch dahinstehen, ob die Ausführungen des Amtsgerichts zur Täteridentifizierung nunmehr den obergerichtlichen Anforderungen entsprechen, was hinsichtlich der tatrichterlichen Darlegungen zu dem eingeholten Sachverständigengutachten zweifelhaft ist (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Senats, u.a. zuletzt Senat in VA 2004, 193 = VRS 107, 371). Stützt der Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten, so ist in den Urteilsgründen eine verständliche und in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung erforderlich. Dem wird das amtsgerichtliche Urteil nicht in allem gerecht.
2.
Der allein noch angegriffene Rechtsfolgenausspruch ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das Amtsgericht ist bei der Rechtsfolgenbemessung von den Regelfolgen, die von der BußgeldkatalogVO in Tabelle 1 "Geschwindigkeitsüberschreitung" unter lfd. Nr. 11.1.9. vorgesehen sind, ausgegangen und hat die Regelgeldbuße von 275 EUR und ein gegenüber dem vorgesehenen Regelfahrverbot von zwei Monaten um einen Monat reduziertes Fahrverbot von (noch) einem Monat festgesetzt.
Das Amtsgericht hat zur Verhängung dieses Fahrverbotes ausgeführt:
"Seit der Tat sind nunmehr 1,7 Jahre vergangen. Dieses kann allerdings nicht dazu führen, dass von der Verhängung eines Fahrverbotes gänzlich abgesehen werden kann. Der Betroffene, der in erster Linie weiß, ob die Angaben über seine Identität zutreffend sind oder nicht, und seine prozessualen Rechte in Anspruch nimmt, kann grundsätzlich nicht besser gestellt werden als ein einsichtiger Betroffener, der gesetzestreu die damit verbund...