Entscheidungsstichwort (Thema)

Informationsanspruch nach Insolvenzeröffnung. gerichtliche Entscheidung über das Informationsrecht gem. § 51 a GmbHG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter der gesetzliche Vertreter der GmbH in dem Informationserzwingungsverfahren; er hat den Informationsanspruch des Gesellschafters zu erfüllen.

2. Der Informationsanspruch des Gesellschafters erlischt nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

3. Die Beurteilung der Voraussetzungen und des Umfangs des Informationsrechts des Gesellschafters muß dem Funktionswandel seiner Gesellschafterstellung Rechnung tragen, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. Der Anspruch setzt die Darlegung und Glaubhaftmachung eines konkreten Informationsbedürfnisses des Gesellschafters voraus.

 

Normenkette

GmbHG §§ 51a, 51b; InsO § 80

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 41 O 124/00)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Der Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) Einsicht in folgende Bücher, Schriften und Unterlagen der A. GmbHG … L. zu ermöglichen:

  1. alle von den Steuerberatern … bis zum 28.02.2000 erstellten Jahresabschlüsse der Gesellschaft in testierter und gesiegelter Form;
  2. Ausdrucke der Kreditorenkonten (Jahreskonten) der Geschäftsjahre 1997 bis einschließlich 28.02.2000 der nachfolgend bezeichneten Konten:

    aa.

    Konto 80002

    Dr. P.

    bb.

    Konto 80001

    Dr. L.

    cc.

    Konto 80000

    Dr. von H.

  3. Ausdrucke der Erlöskonten (Jahreskonten) für die Geschäftsjahre 1998 bis einschließlich 28.02.2000 der nachfolgend bezeichneten Konten:

    Konto 8401

    Erlöse Zimmerzuschläge 16 % Umsatzsteuer

    Konto 8402

    Erlöse Fallpauschalen 16 % Umsatzsteuer

    Konto 8406

    Erlöse Korrekturen umsatzsteuerpflichtig

    Konto 8407

    Erlöse Krankenhausabgabe

    Konto 970

    Bestandsveränderung unfertige Leistungen

    Konto 4120

    Gehälter

    Konto 4130

    gesetzliche Sozialaufwendungen

    Konto 4780

    Fremdarbeiten

    Konto 4950

    Rechts- und Beratungskosten

    Konto 4955

    Buchführungskosten

    Konto 4957

    Abschluß- und Prüfungskosten;

  4. Ausdrucke der Bestandskonten (Jahreskonten) für die Geschäftsjahre 1998 bis einschließlich 28.02.2000 der nachfolgend bezeichneten Konten:

    aa.

    Konto 740

    Darlehen Dr. von H.

    bb.

    Konto 741

    Darlehen M. von H.

    cc.

    Konto 742

    Darlehen Dr. F.

    dd.

    Konto 743

    Darlehen J.

    ee.

    Konto 744

    Darlehen J.

    ff.

    Konto 745

    Darlehen Sch.

    gg.

    Konto 746

    Darlehen Dr. …

    hh.

    Konto 830

    ausstehende Einlage eingefordert

    ii.

    Konto 1501

    eingeforderte ausstehende Einzahlungsdarlehen

    jj.

    Konto 1502

    eingeforderte ausstehende Einzahlungsdarlehen

    kk.

    Konto 1508

    Forderungen gegen Gesellschafter

    ll.

    Konto 1509

    Forderungen gegen Gesellschafter

    mm.

    Konto 1550

    Darlehen;

  5. alle Gesellschafterbeschlüsse und alle Protokolle von Gesellschafterversammlungen der Gesellschaft;
  6. alle Steuererklärungen und alle Steuerbescheide der Gesellschaft für die Geschäftsjahre 1996 bis einschließlich 1998;
  7. die Anstellungsverträge zwischen der Gesellschaft und den Ärzten

Ferner wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1) berechtigt ist, sich gegen Erstattung etwa anfallender Kosten Fotokopien derjenigen Unterlagen, in die er Einsicht zu nehmen berechtigt ist, anzufertigen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens findet in beiden Instanzen nicht statt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1) ist Mitgesellschafter der im Jahre 1996 gegründeten A. GmbH in B. Der Beteiligte zu 1) sowie die Herren Dr. I. und Dr. F. waren aufgrund von Anstellungsverträgen als Ärzte in dem Klinikbetrieb der Gesellschaft tätig. Der Beteiligte zu 1) hat gegenüber dem Vermieter der Gesellschaft sowie gegenüber der Sparkasse B. Bürgschaften für die gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen übernommen, aus denen er in Anspruch genommen wird, nachdem am 29.02.2000 über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, in dem der Beteiligte zu 2) als Insolvenzverwalter bestellt worden ist.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 25.07.2000 bei dem Landgericht im Verfahren nach § 51 b GmbHG gegen die Gesellschaft, vertreten durch den Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter, den Antrag gestellt festzustellen, daß er zur Einsichtnahme in die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie dazu berechtigt sei, sich gegen Erstattung anfallender Kosten Fotokopien von Geschäftsunterlagen anzufertigen. Zur Begründung hat er sich auf sein Informationsrecht als Gesellschafter aus § 51 a Abs. 1 GmbHG bezogen. Zu einer näheren Konkretisierung seines Informationsbedürfnisses sowie Bezeichnung der Unterlagen, in die er Einsicht nehmen will, hat sich der Beteiligte zu 1) nicht verpflichtet gesehen.

Der Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat die Zulässigkeit des Verfahrens nach § 51 b GmbHG gerügt; über den von dem Beteiligten zu 1) erhobenen Anspruch könne nur im Zivilprozeß entsc...

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