Verfahrensgang

AG Herford (Aktenzeichen 11 OWi 472/19)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Herford hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 80,00 Euro verurteilt und ihm unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 21. Oktober 2019 insoweit Folgendes ausgeführt:

"Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. In der Sache ist ihr jedoch der Erfolg zu versagen.

1)

Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, der Verteidigung des Betroffenen sei es aufgrund des Umstandes, dass die Messdaten der erfolgten Messung nicht gespeichert worden seien, nicht möglich gewesen sei, die Messung auf Richtigkeit zu überprüfen, handelt es sich in der Sache um die Rüge der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 338 Nr. 8 StPO). Bei der Vorschrift des § 338 Nr. 8 StPO handelt es sich um eine einfachgesetzliche Ausprägung des Rechts auf ein faires Verfahren, dass grundsätzlich auch eine effektive Verteidigung gewährleisten soll. Dementsprechend kann der Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO nicht nur bei einer Verletzung einer besonderen Verfahrensvorschrift, sondern auch bei einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gegeben sein (zu vgl. Schmitt in Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 338, Rn. 59 m.w.N.).

a)

Hinsichtlich der so verstandenen Rüge bestehen bereits durchgreifende

Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Rüge.

Da es bei § 338 Nr. 8 StPO nicht genügt, dass die Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen, sondern die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret bestehen muss (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 338, Rn. 59 m.w.N.), ist durch die Rechtsbeschwerde vorzutragen, welcher konkrete Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung bedeutsamen Punkt besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2011 - 5 StR 299/03 -; OLG Celle, Beschluss vom 28.03.2013 - 311 SsRs 9/13 -). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Rechtsbeschwerde konkret hätte darlegen müssen, dass es für die Verteidigung durch die fehlende Speicherung der Messdaten nicht möglich gewesen sei, einen konkret behaupteten Messfehler belegen zu können. Ein solcher konkreter Messfehler wird seitens der Rechtsbeschwerde indes nicht aufgezeigt. Dementsprechend ist auch die mögliche kausale Verknüpfung zwischen einer fehlerhaften Messung - für die es bereits keinerlei konkrete Anhaltspunkte gibt -, der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit der Messung - deren Notwendigkeit nicht konkret dargelegt worden ist - und dem Urteil erkennbar.

b)

Im Übrigen wäre die Rüge auch unbegründet.

Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens liegt nicht vor. Die seitens der Rechtsbeschwerde zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 05.07.2019 (Lv 7/17 mit ablehnender Anmerkung von Krenberger, NZV 2019, 421 f. und Krumm, NJW 2019, 2460) - die für Gerichte außerhalb des Saarlandes keine Bindungswirkung entfaltet (zu vgl. Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2019 - LV 7/17 -; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019 - III- 1 RBs 362/19 -) - steht dieser Wertung nicht entgegen. Denn die rechtliche Bewertung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes, das aus der fehlenden Speicherung der Rohmessdaten durch das Messgerät ein Beweisverwertungsverbot folge, da die fehlende Speicherung der Rohmessdaten einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens darstelle, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die vorbezeichnete Entscheidung überdehnt das Prinzip des fairen Verfahrens. Hierzu im Einzelnen:

aa)

Das Recht auf ein faires Verfahren zählt zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens und soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen. Dieses allgemeine Prozessgrundrecht setzt daher einen Mindestbestand an verfahrensrechtlichen Mitwirkungsbefugnissen...

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