Entscheidungsstichwort (Thema)
Lebensversicherung, Widerspruch: Anforderungen an Darlegung des Versicherungsnehmers
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Darlegung des Versicherungsnehmers, der nach Widerspruch gegen einen Lebensversicherungsvertrag Herausgabe gezogener Nutzungen verlangt. Hier: fondsgebundene Rentenversicherung; nähere Darlegungen des Versicherers; Klage unschlüssig.
Tenor
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das am 19.01.2024 verkündete (Schluss)Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (Az: 18 O 491/20) durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 II ZPO).
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die nach einem wirksamen Widerspruch des Klägers gegen das Zustandekommen zweier fondsgebundener Rentenversicherungen mit Todesfallschutz nebst eingeschlossener Invaliditätszusatzversicherungen auf Rückzahlung geleisteter Beiträge nebst gezogener Nutzungen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufungsangriffe des Klägers aus der Berufungsbegründung vom 18.03.2024 (Bl. 25 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II und für die erste Instanz eGA-I) greifen nicht durch.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund des - nicht in Streit stehenden - wirksam erklärten Widerspruchs kein über die bereits geleisteten Zahlungen hinausgehender Betrag aus § 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5a VVG a.F. in Bezug auf geleistete Beiträge und gezogene Nutzungen in Höhe von 2.929,52 EUR zu.
a) Hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall i.V.m. § 818 Abs. 1 BGB ist von folgenden höchstrichterlich anerkannten Grundsätzen auszugehen:
Der Versicherungsnehmer kann die gezahlten Prämien abzüglich der Risikokosten (erlangter Versicherungsschutz) aber inklusive der Abschluss- und Verwaltungskosten zurückverlangen (BGH, Urt. v. 11.11.2015 - IV ZR 513/14, Juris Rn. 42). Hinsichtlich der Höhe des Wertes des Versicherungsschutzes ist anerkannt, dass dieser anhand der Prämienkalkulation des Versicherers geschätzt werden kann (BGH, Urt. v. 11.11.2015 - IV ZR 513/14, Juris Rn. 32; KG Berlin, Urt. v . 10.01.2020 - 6 U 158/18, Juris Rn. 42; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.09.2019 - 12 U 78/18, Juris Rn. 49).
Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen kann sich der Versicherer zudem grundsätzlich auch auf eingetretene Fondsverluste bis hin zum Totalverlust berufen, wobei es sich hier um einen Wegfall der Bereicherung handelt, für welchen die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt (BGH, Urteil vom 21.3.2018 - IV ZR 353/16).
Zudem kann der Versicherungsnehmer von dem Versicherer als Bereicherungsschuldner diejenigen Nutzungen herausverlangen, die der Versicherer tatsächlich gezogen hat (BGH, Urt. v. 11.11.2015 - IV ZR 513/14, Juris Rn. 41 m.w.N.;). Zu den Nutzungen, die der Versicherer aus dem sog. Sparanteil der Prämie gezogen hat, zählen bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung die mit der Fondsanlage erwirtschafteten Gewinne (BGH, Urt. v. 01.06.2016, Az. IV ZR 482/14).
Nutzungen aus dem Risikoanteil der Prämie sowie den Abschlusskosten sind indes nicht geschuldet, da diese für eine Nutzungsziehung nicht zur Verfügung stehen (BGH, Urt. v. 11.11.2015 - IV ZR 513/14, Juris Rn. 42; BGH, Urt. v. 27.10.2021 - IV UR 45/20, Juris Rn. 42; BGH, Urt. v. Juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 29.07.2015 - IV ZR 384/15). Der auf die Verwaltungskosten entfallende Anteil der Prämie kann zur Berechnung von Nutzungszinsen nur insoweit herangezogen werden, als der Versicherer auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel ersparte, die er sodann zur Ziehung von Nutzungen verwenden konnte (BGH, Urt. v. 27.10.2021 - IV ZR 45/20, Juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 26.9.2018 - IV ZR 304/15 Rn. 32; KG, Urt. v. 10.01.2020 - 6 U 158/18, Juris Rn. 48 ff.). Für die Frage der Nutzungen kommt es demnach entscheidend darauf an, ob positiv festgestellt werden kann, dass der Bereicherungsschuldner aus dem empfangenen Geldbetrag im Ergebnis einen Ertrag erzielt hat, ob und inwiefern also die Verwendung dieses Betrags in seinem Unternehmen zu dessen Ertrag beigetragen hat (BGH, Urt. v. 27.10.2021 - IV ZR 45/20, Juris Rn. 18; KG, Urt. v. 10.01.2020 - 6 U 158/18, Juris Rn. 49; OLG München, Urt. v. 31.8.2018 - 25 U 607/18, Juris Rn. 34 f.; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.12.2018 - 7 U 108/18, Juris Rn. 84 ff.).
Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt beim Versicherungsnehmer, dem ein entspreche...