Normenkette
ZPO §§ 114, 116
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 4 O 7/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung mit der Maßgabe an das LG zurückverwiesen, dass von den Bedenken gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Abstand genommen werden soll.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt worden. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist einem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Kosten aus der verwalteten Masse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, diese Kosten aufzubringen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller glaubhaft gemacht. Die Masse verfügt nicht über hinreichende Mittel, um die Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits gegen den Gesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung von 21.500 DM aufzubringen. Wirtschaftlich Beteiligte i.S.d. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind im vorliegenden Verfahren auch nicht die Insolvenzgläubiger. Diese sind nur dann wirtschaftlich beteiligt, wenn sich ihre Befriedigungsaussichten durch ein Obsiegen in dem beabsichtigten Prozess konkret verbessern (BGH v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, MDR 1991, 334 = ZIP 1990, 1490; v. 24.3.1998 – XI ZR 4/98, MDR 1998, 737 = NJW 1998, 1868; OLG Köln v. 5.9.1997 – 20 W 29/97, ZIP 1997, 1969). Bei Erfolg des beabsichtigten Klageverfahrens wären hier jedoch lediglich die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, so dass sich voraussichtlich die von den Insolvenzgläubigern zu erwartende Quote nicht erhöhen würde.
Ob in dem Fall, dass der vom Verwalter beabsichtigte Prozess allein oder überwiegend dazu dient, eine Massemehrung zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens, insbesondere auch zur Deckung seiner Verwaltervergütung, herbeizuführen, der Verwalter selbst wirtschaftlich Beteiligter i.S.d. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO ist, was in der Rechtsprechung umstritten ist (bejahend etwa OLG Frankfurt v. 16.6.1997 – 21 W 30/97, ZIP 1997, 1600; OLG Rostock v. 2.9.1997 – 7 W 63/97, OLGReport Rostock 1997, 379 = ZIP 1997, 1710 [1711]; OLG Köln NZI 2000, 540 [541]; ablehnend BGH NJW 1998, 1229; OLG Köln v. 5.9.1997 – 20 W 29/97, ZIP 1997, 1969; OLG Jena v. 26.2.2001 – 7 W 6/01, ZIP 2001, 579 [580]), kann hier offen bleiben. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist dem Insolvenzverwalter jedenfalls nicht zuzumuten, selbst einen Prozesskostenvorschuss zu erbringen und den beabsichtigten Prozess auf eigenes Risiko zu führen (vgl. die vorstehenden Rechtsprechungsnachweise; ebenso Zöller/Philippi, 23. Aufl., § 116 ZPO Rz. 10a; Uhlenbruck, KTS, 1988, 438). Dass die Vergütung des Insolvenzverwalters aus der Masse aufzubringen ist, macht die Verwaltertätigkeit selbst dann nicht zu einer eigennützigen, wenn der Verwalter selbst der rangbeste Gläubiger nach Verbrauch der baren Masse ist. Der Insolvenzverwalter nimmt vielmehr eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe, die Abwicklung eines geordneten Gesamtvollstreckungsverfahrens, wahr (BGH NJW 1998, 1229). Diese öffentliche Aufgabe ist auch dann anzuerkennen, wenn durch die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Vermögenswerte zur Masse gezogen werden sollen, die unmittelbar den Insolvenzgläubigern zugute kommen, sondern wenn der Insolvenzverwalter dadurch überhaupt erst in die Lage versetzt werden soll, das Verfahren durchzuführen, was sich mittelbar zugunsten der Insolvenzgläubiger auswirken kann.
Dem Antragsteller ist im vorliegenden Verfahren Prozesskostenhilfe auch nicht mit der Begründung zuversagen, seine beabsichtigte Rechtsverfolgung stelle sich als mutwillig dar, weil er lediglich eine Teilklage i.H.v. 21.500 DM beabsichtige, anstatt die Gesamtforderung gegen den Antragsgegner i.H.v. mindestens 114.652,16 DM zu verfolgen. Zwar ist richtig, dass sich die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger bei der Geltendmachung des Gesamtanspruchs verbessern würden mit der Folge, dass ihnen möglicherweise die Aufbringung der Prozesskosten zugemutet werden könnte. Gleichwohl sieht der Senat in dem Vorgehen des Antragstellers kein mutwilliges Verhalten i.S.d. § 114 ZPO. Allein die Erhebung einer Teilklage anstatt der sofortigen Geltendmachung des gesamten Anspruchs kann ohne das Vorliegen zusätzlicher Gesichtspunkte nicht als mutwillig oder als Umgehung der Anforderungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gewertet werden (a.A. OLG Hamm v. 4.9.2001 – 27 W 24/01, OLGReport Hamm 2001, 374). Der Antragsteller mag gute Gründe dafür haben, zunächst die Klage auf einen Teilbetrag zu beschränken, etwa. wenn die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners und damit die Vollstreckungsmöglichkeiten ungewiss sind, was vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann. Wenn die Kosten des Verfahrens gesichert sind, wird der Antrag...