Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Parteien das Berufungsverfahren durch Rücknahme des Rechtsmittels und Verzicht der Gegenseite auf Erstattung der Berufungskosten beendet, so liegt darin der Sache nach der Abschluss eines Vergleichs.
2. Haben die Parteien eine solche Prozessbeendigung bewusst unter Verzicht auf einen förmlichen Vergleichsabschluss gewählt, um Kosten zu sparen, so liegt darin ein Verzicht auf die Geltendmachung der Vergleichsgebühr, der der Festsetzung entgegensteht. Die gewählte Formulierung allein reicht bei streitigem Vortrag für die Annahme eines derartigen Verzichts nicht aus.
Normenkette
BRAGO § 23 Abs. 1 S. 1; BGB § 779 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 373/99) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten wird kostenpflichtig nach einem Gegenstandswert von 1.332,50 DM zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.
Der Ansatz einer Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO zugunsten der Klägerin ist rechtens. In der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2000 vor dem hiesigen 34. Zivilsenat haben die Parteien den Ausgangsrechtsstreit einvernehmlich beendet, indem der Beklagte seine Berufung mit Rücksicht auf den zuvor erklärten Verzicht der Klägerin auf Erstattung ihrer Berufungskosten in Höhe eines Betrages von 2.000 DM zurückgenommen hat. Darin liegt, so auch die Rechtspflegerin zutreffend im angefochtenen Beschluss, ein Prozessvergleich (vgl. OLG Hamm v. 4.8.1980 – 23 W 286/80, MDR 1981, 62), der eine Vergleichsgebühr i.S.d. § 23 BRAGO auslöst, die grundsätzlich festsetzungsfähig ist. Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Parteien ihr gegenseitiges Nachgeben bewusst nicht in einen gerichtlichen Vergleich gekleidet haben, um auf diese Weise die Vergleichsgebühr zu sparen. In solchen Fällen stünde dem Antrag auf Festsetzung der Vergleichsgebühr durch einer der beteiligten Parteien der stillschweigend vereinbarte Verzicht auf die Geltendmachung dieser Gebühr entgegen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 29.9.1997 – 23 W 348/97; OLG Frankfurt v. 2.10.1989 – 12 W 277/89, AnwBl. 1990, 101).
Im vorliegenden Fall kann indessen nicht von einem bewussten Verzicht der Parteien auf Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs zwecks kostengünstiger Beendigung des Rechtsstreits ausgegangen werden. Die an der Sitzung vom 31.10.2000 beteiligten Richter konnten die Behauptung des Beklagten, es sei ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass keine unnötigen Vergleichsgebühren anfallen sollten, nicht bestätigen. Auch die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensbeendigung durch Rücknahme der Berufung gegen Verzicht auf Kostenerstattungsansprüche für das Berufungsverfahren in Höhe eines Betrages von 2.000 DM lässt keinen zwingenden Rückschluss auf eine bewusste Ausklammerung der Vergleichsgebühr in Zusammenhang mit den oben genannten Prozesserklärungen der Prozessbevollmächtigten in der Sitzung vom 31.10.2000 zu. Zwar entsprach die gewählte Lösung der Prozessbeendigung ausweislich der dienstlichen Äußerung der mit der Verhandlungsleitung betrauten Vorsitzenden des Senats vom 22.6.2001 wirtschaftlich dem Vergleichsvorschlag des 34. Zivilsenats. Auch konnte der beisitzende Richter S. in seiner dienstlichen Äußerung vom 18.9.2001 nicht ausschließen, dass die Berufungsrücknahme und der damit einhergehende Verzicht der Gegenseite auf Erstattung eines Teils der Berufungskosten – entsprechend der Senatspraxis – auf dessen Vorschlag hin erfolgte, um eine Vergleichsgebühr zu umgehen. Aufgrund der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden ist aber andererseits davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten, Rechtsanwalt Dr. R., in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass dennoch eine Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO entstehe, worüber anschließend kurz gesprochen worden ist. Da das Ergebnis dieser Diskussion aufgrund der unterschiedlichen Darstellung der Berufungsanwälte der Parteien nicht feststeht und auch die beteiligten Richter ausweislich ihrer dienstlichen Äußerungen hieran keine konkrete Erinnerung mehr haben, kann eine bewusste Aussparung der Vergleichsgebühr durch die Parteien letztlich nicht zweifelsfrei angenommen werden.
Die Einholung einer erneuten Stellungnahme der an der Sitzung vom 31.10.2000 beteiligten Rechtsanwälte kann bei der gegebenen Sachlage nicht weiterhelfen. Sowohl Rechtsanwalt S. als auch Rechtsanwalt Dr. F. haben bereits in ihren zu den Gerichtsakten gelangten Schreiben vom 28.12.2000 und 12.1.2001 den Gang der Verhandlung vom 31.10.2000 und die Frage, ob man sich darüber einig gewesen sei, eine Vergleichsgebühr nicht geltend zu machen, im Einzelnen – jedoch kontrovers – dargestellt. Es spricht nichts dafür, dass mit einer erneuten Stellungnahme der Anwälte der Inhalt eines etwaigen Gesprächs zur Behandlung der Vergleichsgebühr geklärt werden kann.
Damit verbleibt es beim Ansatz der Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO i.H.v. 1.332,50 DM gegen den kostenpflichtigen Beklagten.
Seine sofortige Beschwerde ist daher zurückzuw...