Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Hauptverhandlung. Überprüfung der Besetzung in laufender Hauptverhandlung nach Präklusion
Leitsatz (amtlich)
Zur Möglichkeit bzw. Verpflichtung des erkennenden Gerichts, die Hauptverhandlung auszusetzen, nachdem eine Fehlbesetzung erkannt wurde (auch wenn hinsichtlich des Besetzungseinwandes nach § 222b StPO bereits Präklusion eingetragen ist).
Normenkette
StPO § 222a; GVG § 76; GG Art. 101; StPO § 222b
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 43 KLs 12/13) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Landeskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
Gründe
I.
Die 43. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dortmund führt seit dem 20. November 2013 die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung in 49 Fällen durch. Im Verfahren zu Grunde liegt einerseits eine Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 18. April 2008 im Verfahren 170 Js 940/06 sowie andererseits das weitere Verfahren 170 Js 2249/09, in welchem zunächst am 06. Januar 2010 Strafbefehl erlassen und das sodann nach Einlegung des Einspruchs seitens des Amtsgerichts dem Landgericht zur Übernahme vorgelegt worden war. Das ursprünglich bei der 43. Strafkammer anhängige Verfahren 170 Js 940/06 Staatsanwaltschaft Dortmund wurde nach Lage der Akten entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Dortmund für das Jahr 2012 von der 44. großen Strafkammer des Landgerichts übernommen. Hinsichtlich des Verfahrens 170 Js 2249/09 welches der 43. Strafkammer durch das Amtsgericht Dortmund zur Übernahme vorgelegt worden war, verfügte der Vorsitzende der 43. Strafkammer am 04. Januar 2012 die Vorlage an die 44. Strafkammer zur Prüfung einer Übernahme des den gleichen Angeklagten betreffenden Verfahrens. Mit Beschluss vom 10. Januar 2012 erklärte die 44. Strafkammer die Übernahme "der beim Amtsgericht Dortmund anhängigen Strafsache zur Verhandlung und Entscheidung". Mit weiterem Beschluss vom 06. Februar 2012 wurde schließlich beide der jetzigen Hauptverhandlung zu Grunde liegenden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung unter Führung des Verfahrens 170 Js 940/06 = 44 KLs 2/12 verbunden.
In der Sache wurden mit Verfügung des Vorsitzenden vom 01. März 2012 zunächst 11 Hauptverhandlungstermine beginnend ab dem 01. Juni 2012 anberaumt, später jedoch mit Verfügung vom 30. Mai 2012 vor dem Hintergrund einer Erkrankung des Vorsitzenden Richters sowie eines Pflichtverteidigers wieder aufgehoben.
Aufgrund Beschlusses des Präsidiums des Landgerichts Dortmund vom 28. Juni 2013 wurde das Verfahren wieder in die Zuständigkeit der 43. großen Strafkammer übertragen und sodann mit Verfügung vom 17. Juli 2013 vom Vorsitzenden insgesamt 12 Hauptverhandlungstermine beginnend ab dem 20. November 2013 anberaumt.
In der Hauptverhandlung vom 18. Dezember 2013 (3. Verhandlungstag) beschloss die Strafkammer die Aussetzung der Hauptverhandlung mit der Begründung, dass der einzige Beisitzer und damit Berichterstatter - Richter E - aus der Kammer ausscheide. Er solle lediglich für das vorliegende Verfahren in der Kammer verbleiben, während er ansonsten mit je einer Hälfte seiner Arbeitskraft an die Amtsgericht Unna und Lünen abgeordnet sei. Vor diesem Hintergrund und der anderweitigen Belastungssituation der Kammer sei eine sachgerechte Durchführung der Hauptverhandlung in diesem komplizierten und umfangreichen Verfahren nicht möglich. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat die Strafkammer mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 abgeholfen und den angefochtenen Aussetzungsbeschluss aufgehoben.
Auf die entsprechende Anregung der Verteidiger, von Amts wegen die Besetzung der Kammer zu überprüfen, hat die Strafkammer mit dem angefochtenen Beschluss vom 08. Januar 2014 erneut die Aussetzung des Verfahrens beschlossen. Zur Begründung führt die Strafkammer aus, es sei bei der Terminsanberaumung übersehen worden, dass nach dem kammerinternen Geschäftsverteilungsplan nicht der an der Hauptverhandlung mitwirkende Richter E, sondern die Richterin am Landgericht S an der Hauptverhandlung hätte teilnehmen müssen. Darüber hinaus ergebe sich die gesetzwidrige Besetzung der Kammer aus dem Umstand, dass die Hauptverhandlung im vorliegenden Verfahren aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache nur in der Besetzung mit 3 Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und 2 Schöffen sachgerecht durchgeführt werden könne, und zwar nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 GVG in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung. Der Entscheidung stehe nicht entgegen, dass mit Eröffnungsbeschluss vom 12. Mai 2010 eine Besetzung mit 2 Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden beschlossen worden sei. Der Grundsatz der regelmäßigen Unabänderbarkeit eines die Zweierbesetzung anordnenden Beschlusses nach Beginn der Hauptverhandlung gelte dann nicht, wenn der Beschluss im Zeitpunkt seines Erlasse...