Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch und zum Absehen vom Fahrverbot.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Schwerte zurückverwiesen.
Gründe
I.
Gegen die Betroffene ist durch Bußgeldbescheid des Kreises Unna vom 15. Juni 2000 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße in Höhe von 150, 00 DM sowie ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats festgesetzt worden. Nachdem die Betroffene dagegen Einspruch eingelegt hatte, hat das Amtsgericht sie wegen fahrlässigen Verstoßes nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 300, 00 DM verurteilt. Von der Verhängung eines Fahrverbotes hat es abgesehen.
Das Urteil, das das Amtsgericht - gestützt auf § 77 b Abs. 1 OWiG - zunächst nicht begründet hatte, ist der Staatsanwaltschaft Hagen am 16. Januar 2001 zugestellt worden. Nachdem die Staatsanwaltschaft Hagen am 23. Januar 2001 - zunächst unbeschränkt - Rechtsbeschwerde eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt hatte, hat das Amtsgericht entsprechend § 77 b Abs. 2 OWiG die Urteilsgründe nachträglich wie folgt abgefasst:
"Die Feststellungen zur Sache ergeben sich aus dem Bußgeldbescheid des Kreises Unna vom 15. 06. 2000 in dieser Sache.
Der dort der Betroffenen zur Last gelegte Sachverhalt ist auf dem Grunde der geständigen Einlassung der Betroffenen entsprechend festgestellt worden.
Da die Betroffene durch Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde des Kreises Osnabrück wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft am 21. 05. 1999 - bestandskräftig seit dem 08. 11. 1999 - mit einer Geldbuße von 100, 00 DM belegt worden ist, wäre an sich gemäß § 2 Abs. II BKatV eine Geldbuße von 150, 00 DM und ein Fahrverbot verwirkt.
Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, dass durch eine fühlbare Erhöhung der Geldbuße auf das Fahrverbot ausnahmsweise verzichtet werden kann, da in beiden Fällen das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung nur geringfügig - nämlich: 27 km/h und 31 km/h - über der kritischen Grenze lag, die Betroffene einsichtig ist und der Ort der jetzigen Geschwindigkeitsmessung als gerichtsbekannte "Radarfalle" zu bewerten ist. Das deshalb, weil die Messstelle in einer Gefällestelle liegt und nur ca. ein Kilometer weiter der dreispurige Ausbau der A1 beginnt und die Verkehrsbeschränkungen dann wegfallen. "
Dieses Urteil ist der Staatsanwaltschaft am 13. Februar 2001 zugestellt worden. Diese hat daraufhin in einer weiteren Rechtsbeschwerdebegründung ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und sich mit näheren Ausführungen allein gegen die Nichtverhängung eines Fahrverbotes gewendet.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel zwar beigetreten, hält aber die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch für unwirksam. Sie hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Schwerte zurückzuverweisen.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig und begründet.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet worden.
Entgegen der Auffassung des Verteidigers im anwaltlichen Schriftsatz vom 25. September 2001 hat für die Staatsanwaltschaft Hagen die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde erst mit der Zustellung des nach § 77 b Abs. 2 Alt. 2 OWiG ergänzten Urteils am 13. Februar 2001 begonnen (vgl. BGH VRS 95, 413; BayObLG NStZ-RR 1997, 247 in Ergänzung zu NStZ-RR1997, 48; KK-Senge, OWiG, 2. Aufl. , § 77 b Rdnr. 16; a. A. Göhler, OWiG, 12. Aufl. , Rdnr. 3 zu § 77 b, der die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist bereits mit Zustellung des Urteils, das keine Gründe enthält, in Gang setzen will). Denn § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO knüpft nicht bereits an die Zustellung eines nach § 77 b Abs. 1 Satz 1 OWiG noch nicht mit Gründen versehenen Urteils an. Er setzt vielmehr die Zustellung des vollständigen Urteils voraus. Nur so kann der Rechtsmittelführer sachgerecht prüfen, ob er die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens veranlassen und in welchem Umfang sowie mit welcher Begründung er das Urteil gegebenenfalls anfechten will (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , § 345 Rdnr. 5; Kuckein in KK, StPO, StPO, 4. Aufl. , § 345 Rdnr. 6). Durch die Zustellung der Urteilsformel am 16. Januar 2001 ist daher lediglich die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels in Gang gesetzt worden.
Ungeachtet dessen hatte die Staatsanwaltschaft Hagen aber ohnehin bereits mit Einlegung der Rechtsbeschwerde am 23. Januar 2001 die Verletzung materiellen Rechts g...