Leitsatz (amtlich)
Ist ein gem. § 47 Abs. 2 GBO im Grundbuch eingetragener Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verstorben, darf das Grundbuchamt dessen Erben nur dann im Wege des Berichtigungszwangs in Anspruch nehmen, wenn es zuvor aufgrund amtwegiger Ermittlungen festgestellt hat, dass nach den bestehenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen die Erbfolge sich auch auf den Gesellschaftsanteil des Verstorbenen erstreckt hat.
Normenkette
GBO § 82 S. 3
Verfahrensgang
AG Brilon (Beschluss vom 09.09.2011; Aktenzeichen BR-4 ...-12) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Gründe
Die gem. § 35 Abs. 5 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Der angefochtene Beschluss des Grundbuchamtes vom 9.9.2011 ist in dem grundbuchrechtlichen Amtsverfahren nach § 82 GBO ergangen. Nach § 82 S. 1 GBO soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuches zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Dieses gilt gem. § 82 S. 3 GBO im Falle der Eintragung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Eigentümerin entsprechend, wenn die Eintragung eines Gesellschafters gem. § 47 Abs. 2 GBO unrichtig geworden ist.
Verstirbt - wie hier - ein im Grundbuch eingetragener Gesellschafter, wird das Grundbuch mit seinem Tod unrichtig. Die Rechtsfolgen beim Tod eines Gesellschafters einer GbR bestimmen sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag; insoweit kann der Gesellschaftsvertrag Fortsetzungs-, Nachfolge- und Eintrittsklauseln enthalten; nur wenn es an einer gesellschaftsvertraglichen Regelung für den Todesfall eines Gesellschafters fehlt, bleibt es bei dem Grundsatz des § 727 Abs. 1 BGB, wonach die GbR durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, sich also in eine Liquidationsgesellschaft umwandelt (BayObLG NJW-RR 1992, 228 ff.). In diesem Fall treten die Erben anstelle des verstorbenen Gesellschafters in die durch den Tod als Liquidationsgesellschaft fortbestehende Gesellschaft ein (BayObLG, a.a.O.; OLG München NJW-RR 2010, 1667 f.; Beck'scher Online-Kommentar BGB/Schöne, § 727 Rz. 3; Ulmer in MünchKomm/BGB/Schäfer, 5. Aufl., § 727 Rz. 1; Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearbeitung 2003, § 727 Rz. 7).
Da somit der Gesellschaftsvertrag für die Beurteilung der Rechtsfolgen beim Tod eines Gesellschafters von entscheidender Bedeutung ist, setzt sowohl eine Grundbuchberichtigung im Wege des Unrichtigkeitsnachweises als auch eine Grundbuchberichtigung im Wege der Berichtigungsbewilligung den Nachweis voraus, welchen Inhalt der Gesellschaftsvertrag hat (BayObLG NJW-RR 1992, 228 ff.; BayObLG Rpfleger 1993, 105 f.; BayObLG NJW-RR 1998, 592 f.; OLG Zweibrücken FGPrax 1995, 93 f.). In welcher Form dieser Nachweis im Grundbucheintragungsverfahren zu führen ist, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden.
Das Berichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO ist in allen seinen Stufen ein Amtsverfahren der GBO. Zwangsmaßnahmen dürfen nach S. 1 der Vorschrift nur gegenüber "dem Eigentümer" angewandt werden. Damit ist der neue Eigentümer gemeint, auf den im Wege der Rechtsnachfolge außerhalb des Grundbuchs das Eigentum übergegangen ist. Es ist anerkannt, dass das Grundbuchamt in einer ersten Stufe des Verfahrens zunächst den jetzigen Eigentümer von Amts wegen ermitteln muss; § 26 FamFG ist in diesem Zusammenhang anwendbar. Die Ermittlungen müssen so weit geführt werden, dass zur Überzeugung des Grundbuchamtes die Rechtsnachfolge derjenigen Person feststeht, die mit den Mitteln des Berichtigungszwangs in Anspruch genommen werden soll (Budde in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 82. Rz. 7; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 82. Rz. 9; KEHE/Briesemeister, GBO, 6. Aufl., § 82 Rz. 7). Diese Grundsätze gelten in derselben Weise im Rahmen der entsprechenden Anwendung des Berichtigungszwangs nach § 82 S. 3 GBO. Gegenstand der Amtsermittlungspflicht ist hier nicht das Eigentum an dem Grundstück, sondern die Rechtsnachfolge, die in Ansehung des Gesellschaftsanteils eines nach § 47 Abs. 2 GBO eingetragenen Gesellschafters einer GbR eingetreten ist.
An den danach erforderlichen Ermittlungen und tatsächlichen Feststellungen des Grundbuchamtes fehlt es hier. Der angefochtene Zwangsgeldbeschluss enthält keine nähere Begründung dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände das Grundbuchamt davon ausgeht, dass der Gesellschaftsanteil des Erblassers auf die Beschwerdeführerin übergegangen ist. Der sie als Erbin ausweisende Erbschein reicht dafür nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus. Die in dem angefochtenen
Beschluss in Bezug genommene Verfügung vom 21.12.2009 stellt auf das Eigentum der teilrechtsfähigen GbR ab, obwohl es in dem vorliegenden Zusammenhang ausschließlich um den Gesellschaftsanteil des verstorbenen Mitgesellschafters geht. In ein...