Leitsatz (amtlich)
Bei der Anmeldung einer Änderung in der Person des Geschäftsführers nach § 39 GmbHG zum Handelsregister muss sich die Versicherung des Geschäftsführers nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3e) GmbHG nicht auf die seit dem Inkrafttreten des 51. Strafrechtsänderungsgesetzes (BGNl. I 2017, 815) geltenden Straftatbestände der §§ 265c bis 265d StGB erstrecken (Abweichung von OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.01.2018, 12 W 126/17, FGPrax 2018, 21 f.).
Normenkette
GmbHG § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3e, § 39 Abs. 3; StGB §§ 265c, 265d
Verfahrensgang
AG Paderborn (Aktenzeichen HRB 13028) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten vom 26.06.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Paderborn vom 11.06.2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Amtsgericht - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 EUR.
Gründe
I. Der Beteiligte hat unter dem 05.06.2018 seine Geschäftsführerbestellung zum Handelsregister angemeldet (Bl. 63-65). Die persönliche Versicherung lautet u.a. wie folgt:
"Der Geschäftsführer, Herr S, versichert (zum Zeitpunkt des Zugangs der Anmeldung beim Registergericht), dass
a) keine Umstände vorliegen, aufgrund derer der Geschäftsführer nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre: Während der letzten fünf Jahre wurde ich nicht rechtskräftig verurteilt wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten:
b) ...
f) nach § 263 StGB (Betrug)
§ 263a StGB (Computerbetrug)
§ 264 StGB (Subventionsbetrug)
§ 264a StGB (Kapitalanlagebetrug)
oder
§ 265b StGB (Kreditbetrug)
§ 266 StGB (Untreue)
§ 266a StGB (Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt)
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine Versicherung hinsichtlich der §§ 265c, 265d und 265e StGB ausdrücklich nicht abgegeben wird.
..."
Das Registergericht hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss vom 11.06.2018 (Bl. 52) mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Versicherung des Beteiligten nicht vollständig sei. Mit dem 19.04.2017 seien die neuen Vorschriften der §§ 265c, 265d und 265e StGB in Kraft getreten, die von der Verweisung des § 6 II 2 Nr. 3e) GmbHG erfasst würden. Die Versicherung des Geschäftsführers müsste daher auch diese Strafvorschriften einschließen.
Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner form- und fristgerechten Beschwerde. Er vertritt die Ansicht, dass die durch das 51. Strafrechtsänderungsgesetz nachträglich eingefügten vorgenannten Strafvorschriften nicht von § 6 II GmbHG erfasst seien (DNotI-Report 2017, 73).
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Der Eintragungsantrag des Beteiligten kann nicht mit der Begründung des Registergerichts zurückgewiesen werden.
Die von dem neu bestellten Geschäftsführer nach §§ 39 III 1, 6 II 2 Nr. 3e) GmbHG abzugebende Versicherung muss sich nicht auf die seit dem Inkrafttreten des 51. Strafrechtsänderungsgesetzes am 19.04.2017 (BGBl. I 2017, 815) geltenden Tatbeständen der § 265c bis § 265d StGB erstrecken.
a. Diese Erstreckung ist, soweit ersichtlich, obergerichtlich bisher nur vom OLG Oldenburg und höchstrichterlich nicht entschieden worden, sie wird in der Literatur streitig diskutiert.
aa. In der Literatur hat sich zunächst insbesondere das Deutsche Notarinstitut (DNotI-Report 10/2017, S. 73 ff.) mit dieser Frage umfassend auseinandergesetzt. Dieses kommt nach einer Auslegung der Gesetzesmaterialien zu dem Ergebnis, dass § 6 II GmbHG eine statische Verweisung auf die bei Inkrafttreten der Regelung (mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG] vom 23.10.2008) geltenden Strafnormen enthält, mit der Folge, dass eine auf die §§ 265c bis 265e StGB bezogene Versicherung neu bestellter Geschäftsführer nicht erforderlich sei. Begründet wird dies zum einen mit der Entstehungsgeschichte des MoMiG, aus der sich ergibt, dass sowohl im Regierungsentwurf (BT-Drucks. 16/6140, S. 32) als auch in der Gesetzesbegründung des Bundesrates (BR-Drucks. 354/07, S. 9 f.) die betroffenen Strafnormen noch einzeln aufgeführt worden sind und die Auflistung erst im Entwurf des Bundesrates ohne nähere Begründung durch die Sammelbezeichnung "§§ 265b bis 266a StGB" ersetzt wurden. Zum anderen wird darauf verwiesen, dass die Zielsetzung der neuen Vorschriften zum Sportwettbetrug und zur Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben eine andere Schutzrichtung (Integrität und Glaubwürdigkeit des Sports, vgl. BT-Drucks. 18/8831 S. 10 f.) hätten als die bislang von § 6 II 2 Nr. 3e) GmbHG erfassten Strafvorschriften, die primär auf den Schutz des Vermögens abzielen.
Diese Auffassung wird in der Literatur - auch im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken - verbreitet geteilt (vgl. näher: Wachter, GmbHR 2018, 311 ff.; Kaier/Pfleger, Rpfleger 2018, 357, 359 ff.; Knaier, DNotZ 2018, 540, 542 ff.; Knaier, ZNotP 2017, 409, 417; Floeth, EWiR 2018, 267, 268; Hippeli, jurisPR-HaGesR 2/2...