Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 18.08.2000; Aktenzeichen 12 O 240/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 18. August 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die 74-jährige, in der Ukraine geborene und dort wohnende Klägerin wurde nach ihren Angaben als sechzehnjähriges Mädchen aus ihrer Heimat deportiert und von November 1942 bis April 1945 bei der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten in Deutschland als Zwangsarbeiterin eingesetzt. Mit der Klage macht sie eine Entschädigung geltend, deren Höhe sie am damaligen Lohngefüge orientiert, auf die jetzigen Lebensverhältnisse in Deutschland umgerechnet mit 30 (Monaten) × 240,00 (RM) × 4,545454 DM = 32.727,27 DM zuzüglich einer Pauschale wegen „deliktischer Verletzung des Arbeitsvertrages” von 6.000,00 DM beziffert. Das Landgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Landgericht mußte den Antrag der Klägerin ablehnen, denn Prozeßkostenhilfe kann nach § 114 ZPO nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt.
Hinreichende Erfolgsaussicht ist nach allgemeiner Meinung zwar schon dann zu bejahen, wenn schwierige, bislang nicht geklärte Rechtsfragen im Streit sind (zuletzt: BVerfG NJW 2000, 2098; OLG Hamm NZA-RR 2000, 499; Musielak/Fischer ZPO 2. Aufl. 2000, § 114 Rn. 20). Darum geht es hier aber nicht. Die Streitfrage, ob der Klägerin überhaupt durchsetzbare zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte zustehen können, ist jetzt nicht mehr schwierig zu beantworten, denn sie ist inzwischen durch den Gesetzgeber eindeutig und abschließend geklärt.
Etwaige Ansprüche von Zwangsarbeitern gegen deutsche Unternehmen werden durch § 16 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” vom 2.August 2000 (BGBl. I. S. 1263) – Stiftungsgesetz – wirksam ausgeschlossen. Aufgrund dieser Regelung stehen der Klägerin schon nach ihrem eigenen tatsächlichen Vorbringen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu. Durch Deportation und Ausbeutung ihrer Arbeitskraft unter menschenunwürdigen Bedingungen geschädigte Zwangsarbeiter können unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 des Stiftungsgesetzes einen Zahlungsanspruch gegen die durch dieses Gesetz eingerichtete Bundesstiftung geltend machen. Weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht bestehen allerdings nicht, § 16 Abs. 1 bestimmt dazu; „Leistungen aus Mitteln der öffentlichen Hand einschließlich der Sozialversicherung sowie deutscher Unternehmen für erlittenes Unrecht im Sinne von § 11 können nur nach diesem Gesetz beantragt werden. Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen.”
Die Beschwerde zieht auch nicht in Zweifel, daß die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche von dem Ausschluß nach § 16 Abs. 1 S. 2 des Stiftungsgesetzes erfaßt werden sollen und tatsächlich auch erfaßt werden. Die Beschwerde meint aber, der Ausschluß sei letztlich unwirksam, weil die Regelung verfassungswidrig sei. Mit dieser Ansicht geht sie jedoch fehl.
Die Regelungen des Stiftungsgesetzes sind verfassungsrechtlich unbedenklich. Es besteht kein hinreichender Grund, ihre Verfassungsmäßigkeit ernstlich in Zweifel zu ziehen. Das ist, soweit ersichtlich, bislang auch in der Literatur nicht geschehen. Auch die Beschwerde enthält hierzu nur knappe, vor allem auf letztlich unzutreffende Wertungen beschränkte Angaben.
Nur der Vollständigkeit halber ist deshalb auszuführen; Die durch das Gesetz vom 2. August 2000 (BGBl. I. S. 1263) errichtete Bundesstiftung ergänzt die bisherigen Wiedergutmachungsregelungen. Ihre Ausgestaltung und Ausstattung ist in mehrmonatigen Verhandlungen mit Verfolgtenverbänden und Regierungen kriegsbeteiligter Staaten entwickelt und vereinbart worden (BR-Drucks. 193/00). Sie bezweckt, bei einem vorgesehenen Stiftungskapital von insgesamt 10 Milliarden Deutsche Mark über Partnerorganisationen Finanzmittel zur Gewährung von Leistungen vor allem an ehemalige Zwangsarbeiter bereit zu halten (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 Stiftungsgesetz). Ehemalige Zwangsarbeiter können als Leistungsberechtigte unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis zu 5.000.00 DM erhalten. Den Partnerorganisationen stehen für Leistungen, die zum Ausgleich von Zwangsarbeit bestimmt sind, insgesamt 8,1 Milliarden Deutsche Mark zur Verfügung. Von diesem Gesamtbetrag entfallen auf die Partnerorganisation für die Ukraine und die Republik Moldau 1,724 Milliarden Deutsche Mark.
Diese Regelungen verstoßen weder gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) noch gegen die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG). Die mit der Beschwerde wohl im Hinblick auf Art. 3 GG erhobenen Vorwürfe, die Aus...