Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung der Eigentümer zur Veräußerung eines Erbbaurechts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übertragung des Erbbaurechts an einem mit einem Kaufhaus bebauten Grundstück von einer Konzernobergesellschaft an eine konzernzugehörende Objektgesellschaft ist durch den Grundsatz der freien Veräußerlichkeit des Erbbaurechts gedeckt.
2. Zur Abwendung einer Beeinträchtigung der Rechtsposition des Grundstückeigentümers kann es ausreichen, wenn die bisherige Erbbauberechtigte eine Bürgschaft für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag durch den Rechtsnachfolger übernimmt.
3. Lehnt der Grundstückseigentümer im Laufe des Verfahrens die Annahme der ihm angebotenen Bürgschaft, sei es auch aus verfahrenstaktischen Gründen, ab, so muss ihm durch eine mit der Ersetzungsentscheidung verbundene Auflage Gelegenheit gegeben werden, ein erneutes Bürgschaftsangebot der bisherigen Erbbaurechtsinhaberin anzunehmen.
Normenkette
ErbbauVO § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 13.07.2005; Aktenzeichen 7 T 80/05) |
AG Herne (Aktenzeichen 23 II 46/03) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidung des LG klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
Die Zustimmung der Beteiligten zu 2) bis 6) zur Veräußerung des eingangs genannten Erbbaurechts an die J. GmbH & I. KG wird mit der Maßgabe ersetzt, dass vor der Umschreibung der Erbbauberechtigten dem Grundbuchamt in der grundbuchverfahrensrechtlich erforderlichen Form (§ 29 GBO) nachgewiesen wird, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) bis 6) eine Erklärung der Beteiligten zu 1) zugegangen ist, in der diese unwiderruflich und unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage die selbstschuldnerische Bürgschaft für sämtliche Verpflichtungen der Erbbaurechtserwerberin aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 29.1.1958 (UR-Nr. ../... Notar T. in H.) übernimmt.
Die Beteiligten zu 2) bis 6) haben die der Beteiligten zu 1) im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 43.450 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 2) bis 6) bestellten der Beteiligten zu 1) durch notariellen Vertrag vom 29.1.1958 (UR-Nr. ../... Notar T. in H2) an den zwischenzeitlich im Grundbuch von I. Bl. 2896 lfd. Nr. 5 und 6 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücken ein Erbbaurecht zur Errichtung eines Warenhauses für die Zeit bis zum 31.12.2017. Nach näherer Maßgabe des § 3 des Vertrages ist der Erbbauzins abhängig von dem in dem Warenhaus erzielten Umsatz ausgestaltet. Die Beteiligte zu 1) hat in diesem Zusammenhang die Verpflichtung zur Rechnungslegung über die erzielten Umsätze übernommen. § 7 Abs. 1 des Vertrages lautet:
"Das Erbbaurecht kann seitens L. ohne vorherige Zustimmung H. nicht veräußert oder sonst wie auf einen Dritten übertragen und belastet werden."
Das Erbbaurecht wurde am 1.10.1960 mit der Maßgabe im Grundbuch eingetragen, dass die Veräußerung und Belastung des Rechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf; das Recht ist nunmehr im Grundbuch von I. Bl. 4350 verzeichnet.
Die Beteiligte zu 1) fungiert zwischenzeitlich als Obergesellschaft des von ihr geführten Warenhauskonzerns. Sie hat mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19.12.2000 (UR-Nr. .../... Notar Prof. Dr. C2 in G2) ihren Grundbesitz in 231 Objektgesellschaften eingebracht. Aufgrund der gleichzeitig erklärten Auflassung soll das hier betroffene Erbbaurecht in das Vermögen der J. GmbH & I. KG übertragen werden. Das Warenhaus wird zwischenzeitlich von einer anderen Tochtergesellschaft des Konzerns, der L. & Co. KG, betrieben.
Die Beteiligte zu 1) hat die Beteiligten zu 2) bis 6) bzw. ihre Rechtsvorgänger erfolglos ersucht, ihre Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts zu erteilen und ihnen die Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft für die künftig von der Objektgesellschaft zu erfüllenden Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag angeboten.
In dem vorliegenden Verfahren hat die Beteiligte zu 1) bei dem AG beantragt, die Zustimmung der Beteiligten zu 2) bis 6) zur Übertragung des Erbbaurechts auf die genannte Objektgesellschaft zu ersetzen, und zwar Zug um Zug gegen eine von ihr, der Beteiligten zu 1), zu gestellende unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen der Objektgesellschaft aus dem Erbbaurechtsvertrag.
Die Beteiligten zu 2) bis 6) sind dem Antrag entgegengetreten. Sie sehen unter den nachstehend näher behandelten Gesichtspunkten die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag durch die Objektgesellschaft als gefährdet an. Diese Bedenken könnten nur dadurch ausgeräumt werden, dass die Beteiligte zu 1) eine selbständige Garantie für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag übernehme.
Das AG hat durch Beschluss vom 21.12.2...