Leitsatz (amtlich)

Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament zwei Kinder als Schlusserben eingesetzt und schließt der überlebende Ehegatte mit einem dieser Kinder einen entgeltlichen Zuwendungsverzicht mit Erstreckung auf dessen Abkömmlinge, so bezieht sich die Bindungswirkung der Schlusserbeinsetzung für den überlebenden Ehegatten im Zweifel auch auf den Erbteil, der dem anderen Kind infolge des Zuwendungsverzichtes angewachsen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 2094, 2270, 2271 Abs. 2 S. 1, § 2352

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 30.10.2014; Aktenzeichen 14 VI 60/14)

 

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die dem Beteiligten zu 1) in der Beschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten haben die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils zu ½ zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Aus der Ehe E mit dem vorverstorbenen M sind drei Kinder hervorgegangen: der Beteiligte A und seine Schwestern B und C. Die Beteiligte Y ist eine Tochter von C.

Die Eheleute errichteten am 4.1.1980 ein formwirksames Ehegattentestament, in dem sie unter Ziff. 1 die folgende Verfügung getroffen haben:

"Wir, die Eheleute M und E setzen uns gegenseitig zum Erben ein.

Als Nacherben i.S.v. § 2100 BGB und Erben des Überlebenden von uns setzen wir unsere Kinder A und C. Unsere Tochter B soll auf Grund ihres antifamiliären Verhaltens nur das gesetzlich festgelegte Erbteil bekommen. Der überlebende Ehegatte ist befreiter Vorerbe."

Unter Ziff. 5 ihres Ehegattentestaments ordneten die Eheleute an, dass ein Kind, dass nach dem Tode des zuerst Versterbenden seinen Pflichtteil verlange, auch nach dem Tode des zuletzt Versterbenden nur den Pflichtteil erhalten solle.

Am 24.1.1991 errichteten die Eheleute gemeinsam eine als "Ergänzung unseres gemeinschaftlichen Testaments vom vierten Januar eintausend-neunhundertachtzig" bezeichnete letztwillige Verfügung, in der sie "vorsorglich" klarstellten, dass es sich bei dem dort unter Ziff. 1 der Tochter B zugedachten gesetzlich festgelegten Erbteil um den Pflichtteil handele und B keine Miterbin werden solle.

Nach dem Tod ihres Ehemannes wurde der E auf ihren Antrag ein Erbschein als befreite Vorerbin erteilt (AG Dortmund 11 VI 167/99).

Am 26.3.2001 schloss die Erblasserin E mit ihren Kindern A und C einen notariellen Vertrag, in dem die Vertragsbeteiligten erklärten, dass C in der Vergangenheit von der Erblasserin Zahlungen von insgesamt 150.000 DM erhalten habe. C wolle daher ihr Nacherbenrecht auf den A übertragen und aus der gesetzlichen Erbfolge nach der Erblasserin insgesamt ausscheiden sowie auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach der Erblasserin verzichten ...

C verstarb im Februar 2002.

Am 15.8.2013 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem sie die Beteiligten zu 2) und 3) zu ihren Erben bestimmte.

Die Erblasserin verstarb im November 2013.

In der notariellen Urkunde vom 10.2.2014 hat A, der Beteiligte zu 1), beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben nach der Erblasserin ausweist.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind der Erteilung des Erbscheins entgegen getreten. Sie vertreten die Ansicht, dass sie die Erben der Erblasserin sind.

Durch Beschluss vom 30.10.2014 hat das AG - Nachlassgericht - in Bezug auf den Antrag des Beteiligten zu 1) die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.

Gegen diesen ihnen jeweils am 5.11.2014 zugestellten Beschluss richten sich die frist- und formgerecht eingelegten Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3).

Das AG hat den Beschwerden durch Beschluss vom 19.11.2014 nicht abgeholfen und selbige dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des übrigen Sachverhaltes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Beschwerdewert von 600 EUR gem. § 61 Abs. 1 FamFG ist erreicht.

In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg.

Der Beteiligte zu 1) ist auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute vom 4.1.1980 in Verbindung mit dem von seiner Schwester C in der notariellen Urkunde vom 26.3.2001 erklärten Zuwendungsverzicht Alleinerbe nach der Erblasserin geworden.

In ihrem gemeinschaftlichen Ehegattentestament vom 4.1.1980 haben die Eheleute ihre Kinder A, den Beteiligten zu 1), und C zu Erben des Letztversterbenden berufen. Die Erbeinsetzung der Tochter C ist dadurch weggefallen, dass diese in dem notariellen Vertrag vom 26.3.2001 auf diese testamentarische Berufung verzichtet hat. Die Auslegung dieses Vertrages ergibt, dass der dort vereinbarte entgeltliche Verzicht sich nicht lediglich auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht bezieht, sondern auch die testamentarische Erbeinsetzung in dem Testament vom 4.1.1980 umfasst.

C hat in dem mit der Erblasserin und dem Beteiligten zu 1) geschlossenen notariellen Vertrag vom 26.3.2001 erklärt, dass sie im Hinblick auf...

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