Leitsatz (amtlich)
Zur Anordnung des Verfalls einer aus mehreren Banknoten und Münzen bestehenden Bargeldmenge
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 11 Ns 28/11) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch über den Verfall abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Gegen den Angeklagten wird der Verfall eines Geldbetrages von 2.499,20 € angeordnet.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und ordnete den Verfall des bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 5. Oktober 2008 aufgefundenen und sichergestellten Bargeldes im Gesamtwert von 2.499,20 € an.
Das Landgericht verwarf die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe, dass es den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 9. Mai 2011 - 10 Ls 46 Js 314/10 (1674/11) - und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilte, und bestätigte die Anordnung des Verfalls der "sichergestellten 2.499,20 €".
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des angefochtenen Urteils im Ausspruch über den Verfall.
1. Die Überprüfung des Schuldspruches und des Strafausspruches aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Die vom Landgericht getroffene Verfallsanordnung hält hingegen sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die von ihm ausgesprochene Verfallsanordnung nicht.
Das Landgericht hat den Verfall bestimmter Gegenstände, nämlich der bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 5. Oktober 2008 von der Kriminalpolizei aufgefundenen und sichergestellten Banknoten und Münzen im Gesamtwert von 2.499,20 €, angeordnet. Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes angeordnet, geht mit der Rechtskraft der Entscheidung - vorbehaltlich der Rechte Dritter - das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht auf den Staat über (§ 73e Abs. 1 StGB).
Die getroffene Anordnung findet keine Grundlage in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Der Verfall von Bargeld nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erfordert, dass das in Rede stehende Bargeld als solches - also unmittelbar - für die Tat oder aus ihr erlangt wurde (BGH, NStZ 2010, 85; 2003, 198). Da Gegenstand des Rechtsverkehrs nicht ein "Sammelbestand" an Bargeld ist, sondern die einzelnen Banknoten und Münzen als jeweils eigenständige körperliche Gegenstände (§ 90 BGB), setzt die auf § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützte Anordnung des Verfalls einer - wie im vorliegenden Falle - aus mehreren Banknoten und Münzen bestehenden Bargeldmenge mithin voraus, dass für jede einzelne Banknote und für jede einzelne Münze die Feststellung getroffen wird, dass diese für die Tat oder aus ihr erlangt wurde. Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht indes nicht getroffen. Nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil stammte das sichergestellte Bargeld "überwiegend" - eine konkrete Bezifferung enthält das Urteil nicht - aus dem Weiterverkauf des an den Angeklagten gelieferten Kokains und im Übrigen aus Unkostenbeiträgen für Speisen und Getränke, die der Angeklagte von den Gästen einer von ihm kurz vor der Wohnungsdurchsuchung veranstalteten Party erhalten hatte. Auf der - allein entscheidenden - Ebene der einzelnen Banknote bzw. der einzelnen Münze muss nach diesen Feststellungen in jedem Einzelfall nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" davon ausgegangen werden, dass die jeweils konkret betrachtete Banknote oder Münze nicht aus dem Drogenverkauf, sondern aus den - strafrechtlich unbedenklichen - Unkostenbeiträgen der Partygäste stammte. Eine auf § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützte Anordnung des Verfalls des sichergestellten Bargeldes scheidet damit aus.
Die vom Landgericht getroffene Verfallsanordnung lässt sich aus den gleichen Gründen auch nicht auf die Regelung über den erweiterten Verfall nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG iVm § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB stützen. § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Anordnung des erweiterten Verfalls nur in Betracht kommt, wenn der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiserhebung
und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, dass der Angeklagte die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände aus rechtswidrigen
Taten oder für rechtswidrige Taten erlangt hat, ohne dass allerdings diese Taten selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten (BGH, NStZ 1995, 125). Die Anordnung des Verfalls bestimmter Gegenstände setzt also auch nach dieser Regelung die Feststellung voraus, dass diese konkreten Gegenstände mit - wie auch immer gearteten -...