Leitsatz (amtlich)

Aufgrund einer Auflassung in einem Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO kann eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch nicht erfolgen, weil es in diesem Falle an einer gleichzeitigen Anwesenheit von Erwerber und Veräußerer (§ 925 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlt. Die Regelung des § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB enthält keine Ausnahme von dem Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit der Erklärenden bei der Auflassung nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 01.02.2017 - XII ZB 71/16 - folgt nichts anderes. Aus dieser Entscheidung lässt sich eine generelle Gleichsetzung eines protokollierten Vergleichs mit einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht entnehmen.

 

Normenkette

BGB § 925; ZPO § 278 Abs. 6

 

Verfahrensgang

AG Bochum (Aktenzeichen AL -1074-12)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte sowie sein Bruder, Herr L, sind einzige Mitglieder der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem am 19. November 2015 in Bochum verstorbenen L1. Als solche sind sie als Miteigentümer eines hälftigen Miteigentumsanteils in dem im Betreff bezeichneten Grundbuch eingetragen. Als weitere hälftige Miteigentümerin ist Frau X eingetragen.

Mit Antrag vom 19. Juni 2017 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten, diesen "als Alleineigentümer des hälftigen Grundstücksanteils" an dem in Rede stehenden Grundstück einzutragen. Insoweit legte er eine Ausfertigung eines Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 5. Mai 2017 in dem Rechtsstreit 2 O 373/16 vor, in dem nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird, dass zwischen dem Beteiligten und seinem Bruder, Herrn L, ein Vergleich zustande gekommen ist. Danach haben sich die Parteien zum Zwecke der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft u.a. darauf geeinigt, dass der Beteiligte den im Eigentum der Erbengemeinschaft stehenden hälftigen Miteigentumsanteil an dem in Rede stehenden Grundstück "zu Alleineigentum" erhalten solle und unter Nr. 2 des Vergleichsbeschlusses erklärt, dass sie sich über den Eigentumsübergang einig seien. Ferner enthält Nr. 2 des Vergleichsbeschlusses die entsprechende Eintragungsbewilligung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 5. Mai 2017 Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 10. Juli 2017 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - Bochum den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Der Vergleichsbeschluss reiche als Eintragungsgrundlage für die grundbuchrechtliche Eintragung nicht aus, weil die für die Auflassung zwingend erforderliche gleichzeitige Anwesenheit der Parteien gemäß § 925 Abs. 1 BGB nicht gewährleistet sei. Gegen diese Zurückweisung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten. Er meint insbesondere, aus § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB ergebe sich, dass das Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit bei einer Auflassung in einem gerichtlichen Vergleich - wie auch bei einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan - nicht gelte. Der Beteiligte meint, dies werde insbesondere bestätigt durch die Entscheidung des BGH vom 1. Februar 2017 - XII ZB 71/16 (MDR 2017, 416 ff), in der der BGH entschieden habe, dass auf einen gerichtlich festgestellten Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO § 127 a BGB entsprechende Anwendung finde. Wenn danach ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO die notarielle Beurkundung ersetze, müsse Gleiches mit dem Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit der die Auflassung erklärenden Personen gelten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. August 2017 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Die Beschwerde ist nach den statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, weil das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen hat. Der Miteigentumsanteil an dem in Rede stehenden Grundstück ist nicht wirksam auf den Beteiligten aufgelassen worden. Dies steht der beantragten Eintragung des Eigentumswechsels entgegen. Dieser Mangel kann nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung geheilt werden.

Grundsätzlich ist für die Grundbucheintragung gemäß nur die einseitige Bewilligung des von ihr Betroffenen erforderlich (formelles Konsensprinzip). Bei Auflassung eines Grundstücks hat das Grundbuchamt gemäß aber auch zu prüfen, ob die erforderliche Einigung der Beteiligten erklärt und in der grundbuchmäßigen Form des so nachgewiesen ist, wie sie sachenrechtlich erforderlich ist, um die Rechtsänderung herbeizuführen (Demharter, GBO, 30. Aufl., § 20 Rn. 1, 13 m.w.N.).

Der grundbuchrechtliche Nachweis einer dinglich wirksamen Auflassung ist hier nicht erbracht. Eine wirksame Auflassung ist in dem in dem Beschluss vom 5. Mai 2017 erklärten Prozessvergleich durch die Vertragsparteien nicht erklärt worden.

Nach muss die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Es handelt sich hierbei um eine materiellrechtliche Wirksamkeitsvo...

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