Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung von Nebenkläger und Staatsanwaltschaft. Rücknahme der Rechtsmittel zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Verteilung der Kosten und Auslagen
Leitsatz (amtlich)
Zur Entscheidung über die Verteilung von Kosten und Auslagen, wenn zunächst (mehrere) Nebenkläger und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt haben, die Rechtsmittel dann aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten zurückgenommen worden sind.
Normenkette
StPO § 473 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 17 Ns 22/18) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kosten der zurückgenommenen Berufung der Staatsanwaltschaft trägt die Staatskasse, die Nebenkläger tragen die Kosten ihrer zurückgenommenen Berufungen.
Die im Berufungsverfahren bis zum 21.08.2018 (Eingang der Berufungsrücknahme der Staatsanwaltschaft) entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Nebenkläger zu je 1/4 und die Staatskasse zu 1/2.
Die Nebenkläger tragen die dem Angeklagten seit dem Zeitpunkt der Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen. Im Übrigen trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
- Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. In diesem Umfang trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 11.02.2018 Folgendes ausgeführt:
"
I.
Das Amtsgericht Rheine hat den Angeklagten mit Urteil vom 03.07.2018 vom Vorwurf der Körperverletzung und der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen (Bl. 210-214 Bd. I d. A.). Gegen dieses Urteil haben sowohl die Staatsanwaltschaft per Telefax (Bl. 203 Bd. I d. A.) als auch die Nebenkläger mit Telefax-Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 206 Bd. I d. A.) rechtzeitig Berufung eingelegt.
Mit Vfg. vom 13.08.2018 hat die Staatsanwaltschaft die Berufung gegenüber dem Amtsgericht Rheine zurückgenommen (Bl. 219 Bd. II d. A.). Mit am 03.12.2018 bei dem Amtsgericht Rheine eingegangenen Telefax-Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage haben die Nebenkläger die Berufung ebenfalls gegenüber dem Amtsgericht Rheine zurückgenommen (Bl. 227 Bd. II d. A.). Mit Beschluss vom 17.12.2018 hat das Landgericht Münster, dem die Akten seit dem 25.09.2018 vorlagen (Bl. 224 Bd. II d. A.), den Nebenklägern die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt (Bl. 229-230 Bd. II d. A.). Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Nebenkläger auf Anordnung des Vorsitzenden vom 17.12.2018 (Bl. 231 Bd. II d. A.) am 31.12.2018 zugestellt (Bl. 233 Bd. II d. A.).
Gegen den Beschluss vom 17.12.2018 haben die Nebenkläger mit am 03.01.2019 bei dem Landgericht Münster eigegangenem Telefax-Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 02.01.2019 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 234-235 Bd. II d. A.).
II.
Die gem. §§ 464 Abs. 3 Satz 1, 304 Abs. 3 StPO statthafte und gem.§ 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro, weil der Angeklagte in der ersten Instanz durch einen Rechtsanwalt verteidigt war und bereits dessen Gebühren die Wertgrenze des § 304 Abs. 3 StPO überschreiten.
Die angefochtene Entscheidung ist in der Sache aufzuheben, da das Landgericht Münster bei seiner Kosten- und Auslagenentscheidung den Grundsatz der Kostentrennung nicht beachtet hat.
Gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO treffen denjenigen die Kosten eines zurückgenommenen Rechtsmittels, der es eingelegt hat. Gemäß § 473 Abs. 1 Satz 3 StPO sind dem Nebenkläger die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen, wenn er im Falle des Satzes 1 der vorgenannten Vorschrift allein ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt hat. Vorliegend haben aber sowohl die Nebenkläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Im Folgenden hat zunächst die Staatsanwaltschaft die Berufung zurückgenommen. Erst nach Eingang der Akten bei dem Landgericht Münster haben die Nebenkläger ihre Berufung ebenfalls zurückgenommen.
Bei Erfolglosigkeit des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger tragen die Nebenkläger und die Staatsanwaltschaft die Gerichtskosten grundsätzlich je zur Hälfte. Setzen die Nebenkläger jedoch- wie vorliegend erfolgt - das Verfahren fort, nachdem die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel zurückgenommen hat, so sind die Nebenkläger für die nunmehr entstandenen gerichtlichen Auslagen allein erstattungspflichtig (Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7 Auflage, 2013, § 473 StPO, Rn. 13).
Die Nebenkläger haben auch die dem Angeklagten seit der Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten (OLG Hamm, Beschluss vom 16.06.1959, 2 Ws 218/59, NJW 1959, 1984, 1985)."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Allerdings waren die notwendigen Auslagen des Angeklagten aus dem Berufungsverfahren - anders als von der Generalstaats...