Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 08 O 87/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 01.12.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.076,30 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 13.08.2005 geltend, bei dem er schwer verletzt wurde, insbesondere am rechten Fuß. Der Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des damaligen Unfallgegners des Klägers.

Am 28.07.2008 gab der anwaltlich vertretene Kläger gegenüber dem Beklagten eine "Vergleichs- und Abfindungserklärung" (Bl. 18) ab, mit der er sich nach Zahlung von 90.000,00 EUR hinsichtlich sämtlicher Folgen aus dem Verkehrsunfall für abgefunden erklärte. Die Erklärung enthält folgenden Passus: "Von diesem Vergleich bleiben zukünftige, unfallbedingte Verdienstausfallansprüche, sofern kein gesetzlicher Forderungsübergang auf Dritte stattgefunden hat, ausgenommen. Die Haftungsquote des hier Versicherten wird mit 75 % vereinbart." Ferner heißt es: "Ich bin / wir sind darüber unterrichtet, dass von der Gegenseite eine Verpflichtung zum Schadensersatz nicht anerkannt wurde." Am 03.02.2009 zahlte der Beklagte die 90.000,00 EUR an den Kläger.

Ab dem 28.10.2014 musste sich der Kläger wegen Wundheilungsstörungen am rechten Fuß in ärztliche Behandlung begeben, wodurch er einen Verdienstausfallschaden erlitt. Für die Zukunft sind weitere mit Arbeitsunfähigkeit verbundene ärztliche Behandlungen zu erwarten.

Mit der Klage macht der Kläger einen bezifferten Verdienstausfallschaden geltend. Ferner begehrt er die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, ihm allen zukünftigen Verdienstausfall, der aus dem Unfall vom 13.08.2005 resultiert, zu ersetzen.

Der Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und mit näherer Begründung ausgeführt, etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt.

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klagebegehren weiter.

Er rügt, bereits der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sei nicht richtig. Das Landgericht gehe davon aus, dass er sich darauf berufe, dass die mit dem Beklagten abgeschlossene Vereinbarung die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils habe. Dem sei nicht so. Er gehe vielmehr davon aus, dass die zukünftigen Ansprüche bezüglich des Verdienstausfalls überhaupt nicht von der betroffenen Vereinbarung umfasst seien. Hierüber sei gerade keine Vereinbarung getroffen worden, denn die zukünftigen Ansprüche seien von dem Vergleich explizit ausgenommen. Deshalb sei die Verjährung bezüglich dieser Ansprüche nach wie vor gemäß § 115 VVG gehemmt.

Soweit das Landgericht sein Urteil unter anderem damit begründet habe, dass ausdrückliche Feststellungen über die Haftungsquote von 75 % getroffen worden seien, habe es verkannt, dass diese Quotenbildung eine übliche Regelung sei und üblicherweise als Argument für die Sozialversicherungsträger erfolge. Die Quote betreffe nicht explizit die zukünftigen Verdienstausfallansprüche, sondern vielmehr auch die vergangenen Ansprüche. Es treffe nicht zu, dass sich die Quote nur auf den zukünftigen Verdienstausfall beziehe. Dies könne auch gar nicht sein, weil zukünftige Verdienstausfallansprüche von dem Vergleich "ausgenommen", nicht "vorbehalten" und somit gar nicht umfasst gewesen seien. Hätte die Kammer den Sachbearbeiter zur Anhörung geladen, hätte dieser das bestätigen können.

Darüber hinaus habe das Landgericht in nicht nachvollziehbarer Weise ausschließlich auf die Sicht des Beklagten abgestellt. Dies sei eine unzulässige Benachteiligung des Klägers. Bei Uneinigkeit bezüglich Formulierungen seien der Wortlaut und der Wille beider Parteien heranzuziehen. Für den Kläger sei klar gewesen, dass das Wort "Ausnahme" auch Ausnahme bedeute und eben nicht "Vorbehalt". Das habe der Beklagte mit der Formulierung Ausnahme akzeptiert.

In dem Urteil werde mit keinem Wort auf die Kernthematik des Prozesses eingegangen, nämlich die Abgrenzung und Bedeutung der Formulierungen "Ausnahme" und "Vorbehalt". Das sei grob fehlerhaft. Vorbehalten seien Ansprüche dann, wenn sie grundsätzlich Vergleichsinhalt seien, die Möglichkeit der Geltendmachung für die Zukunft aber offengelassen werden solle. Ausgenommen bedeute hingegen, Ansprüche würden von vornherein vom Abfindungsvergleich nicht erfasst. Die zukünftigen Ansprüche seien deshalb nicht Gegenstand des Vergleichs gewesen.

Die geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt, weil über diese noch keine Entscheidung nach § 115 VVG getroffen worden sei, die aber für den Beginn der Regelverjährung notwendig sei. Verj...

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