Entscheidungsstichwort (Thema)
elektronisches Gerät. Mobiltelefon. Powerbank. Ladekabel. Geräteeinheit
Leitsatz (amtlich)
1. Weder eine "Powerbank" noch ein Ladekabel sind isoliert betrachtet jeweils ein elektronisches Geräte i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO.
2. Zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des Aufnehmens oder Haltens eines elektronischen Geräts genügt nicht jedwedes Aufnehmen oder Halten eines mit dem Mobiltelefon eingesteckten Ladekabels bzw. einer damit verbundenen "Powerbank" im Sinne einer "Geräteinheit".
Normenkette
StVO § 23 Abs. 1a
Verfahrensgang
AG Detmold (Aktenzeichen 4 OWi 333/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen (Alleinentscheidung der mitunterzeichnenden Einzelrichterin).
Die Sache wird auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen (Alleinentscheidung der mitunterzeichnenden Einzelrichterin).
Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an das Amtsgericht Detmold zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer" zu einer Geldbuße von 180 Euro verurteilt.
Das Amtsgericht hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:
"Am 30.04.2018 gegen 7:47 befuhr der Betroffene als Führer eines PKW mit dem Kennzeichen (...) die M Straße (...) Dabei nutzte der Betroffene ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation dient, indem er sein bereits mit einem Ladekabel verbundenes sog. "Smartphone", mit dem er gerade über Freisprechanlage telefonierte und dessen eingebauter Akku weitgehend entleert war, an eine sog. "Powerbank", d.h. einen externen Akku anschloss, um das Smartphone zu laden und den Abbruch des Telefonats zu verhindern. Dabei nahm er die "Powerbank" und das Ladekabel in die Hand, um diese zusammenzuführen. Dies geschah wissentlich und willentlich."
Diese Feststellungen beruhen auf der entsprechenden geständigen Einlassung des Betroffenen und der Ordnungswidrigkeitenanzeige. Zur Rechtslage hat das Amtsgericht auszugsweise Folgendes ausgeführt:
"Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene eine vorsätzliche unerlaubte Nutzung eines zur Kommunikation dienenden Geräts als Kraftfahrzeugführer, kurz eine "unerlaubte Mobiltelefonnutzung" begangen, § 23 Abs. 1a StVO.
Sinn und Zweck dieser Norm ist, zu gewährleisten, dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Telefonieren sämtliche Bedienfunktion ein.
Danach sind zum einen das Mobiltelefon mit eingestecktem Ladekabel als auch das Mobiltelefon mit eingestecktem und verbundener sog. "Powerbank" jeweils als Geräteieinheit zu verstehen, von der kein Teil während der Fahrt in der Hand gehalten werden darf. Denn es handelt sich insgesamt bei der Gesamheit der verbundenen Elemente um "ein der Kommunikation dienendes Gerät" i.S.d. Norm, da alle Funktionen des Mobiltelefons die elektrische Energie benötigen, die über das Kabel durch die "Powerbank" geliefert wird. Es hängt letzlich von Zufälligkeiten von Technik und Design ab, dass ein Mobiltelefon-Ladekabel - anders als z.B. die fest verbauten Ladekabel einiger Navigationsgeräte - von dem Gerät trennbar und nicht fest verbunden ist und die "Powerbank" sich - anders als etwa als ein "Wechselakku" außerhalb des zu ladenden Geräts befindet. Auch eine Handyhülle ist beispielsweise ohne weiteres vom Mobiltelefon trennbar, dennoch erfüllt auch das Halten (nur) der Hülle mit inneliegedem Telefon unzweifelhaft den Tatbestand.
Darüber hinaus sind die "Powerbank" und das Ladekabel auch isoliert betrachtet jeweils als "der Kommunikation dienendes Gerät" i.S.d. Norm zu qualifizieren. Unter das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO fallen nämlich auch Tätigkeiten, die (nur) die Vorbereitung der Nutzung eines Kommunikationsgeräts gewährleisten sollen, da es sich auch dabei um eine bestimmungsgemäße Verwendung handelt (vgl. bereits zu § 23 Abs. 1a a.F. OLG Hamm, NZV 2007, 487). Insbesondere ist § 23 Abs. 1a StVO n.F. nicht auf Mobiltelefone beschränkt, sondern erfasst ausdrücklich alle der Kommunikation dienenden Geräte. Das Aufladen eines Mobiltelefons dient der Kommunikation, da es dazu dient, das Gerät auch tatsächlich mobil zum Telefonieren einsetzen zu können (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.12.2015 - 2 Ss OWi 290/15). Nur mit einem geladenen Akku können die eigentlichen Funktionen eines Mobiltelefons genutzt werden. Werden zu diesem Zweck ein Ladekabel und ein externer Akku in Form einer "Powerbank" genutzt, dienen also auch diese Geräte der Kommunikation, da ihr einiziger Zweck die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Kommunikationsfunktionen des Mobiltelefons ist. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Falll, in welchem tatsächlich eine Kommunik...