Leitsatz (amtlich)
1. Eine Entscheidung über einen Antrag nach § 33 VersAusglG im Scheidungsverbundverfahren ist nicht zulässig.
2. Hat das AG über einen Antrag nach § 33 VersAusglG im Scheidungsverbundverfahren entschieden und dabei dem Begehren des Antragstellers nur teilweise stattgegeben, ist dem Beschwerdegericht daher selbst dann eine weiter gehende Aussetzung der Kürzung des Versorgungsausgleichs nach § 33 VersAusglG versagt, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine - weitere - Aussetzung der Kürzung vorliegen.
3. Zur Unwirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts vor Verkündung des Beschlusses.
Verfahrensgang
AG Bocholt (Beschluss vom 01.06.2016; Aktenzeichen 15 F 88/15) |
Tenor
In der Familiensache gegen wird der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bocholt vom 01.06.2016 keinen Erfolg hat und der Senat beabsichtigt, über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG) zu entscheiden.
Der Antragsgegner erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Beschwerde - aus Kostengründen - zurückgenommen wird, innerhalb von 3 Wochen ab Zugang.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.
I. Die Beschwerde ist zulässig.
Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass die Ehegatten im Verhandlungstermin vor dem AG einen Rechtsmittelverzicht erklärt haben. Dieser Rechtsmittelverzicht ist unwirksam. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 67 Abs. 1 FamFG) muss ein solcher Verzicht "nach Bekanntgabe des Beschlusses" erfolgen. Hier haben die Eheleute den Verzicht erklärt, als der Scheidungsverbundbeschluss noch nicht verkündet worden war. Ein Verzicht vor der Bekanntgabe, jedenfalls aber vor dem Erlass ist unzulässig. Soweit teilweise unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien vertreten wird, ein Verzicht sei auch schon vor Bekanntgabe wirksam (vgl. Joachim in Bahrenfuss, Kommentar zum FamFG, § 67, Rn. 3), steht dem der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen.
Der Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien verfängt nicht. Eine historische Auslegung einer Norm anhand der Gesetzesmaterialien kann für die Interpretation des Sinngehalts der Norm in der Regel nur insoweit bedeutsam sein, als er im Gesetzestext selbst Niederschlag gefunden hat. Die Materialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (BVerfG, BVerfGE 62, 1, 45). Ob und inwieweit anderes gilt, wenn der Gesetzeswortlaut sich mit dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht in Einklang bringen lässt, kann dahingestellt bleiben. Ein solcher eindeutiger Wille lässt sich hier nämlich nicht feststellen. Die zur Begründung der genannten Auffassung herangezogenen Gesetzgebungsmaterialien bezogen sich wohl noch auf die Fassung der Regelung im Referentenentwurf. Dieser Entwurf wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens geändert (vgl. Borth/Grandel in Musielak/Borth, Kommentar zum FamFG, 5. Aufl., § 67, Rn. 3). Dafür, dass es sich bei der späteren Änderung um ein Versehen des Gesetzgebers gehandelt hat, ist nichts ersichtlich.
Angesichts dessen hat es bei dem eindeutigen Wortlaut zu verbleiben. Der Verzicht der Beteiligten ist demnach unzulässig.
II. Die zulässige Beschwerde bleibt erfolglos.
1. a) Dies folgt bereits aus den Umstand, dass nach richtiger Auffassung (vgl. u.a. OLG Celle, FamRZ 2013, 1313 ff. sowie KG, Beschluss vom 2.11.2012 - 13 UF 132/12 - juris) das Verfahren nach § 33 VersAusglG nicht im Scheidungsverbund nach den §§ 137 ff. FamFG entschieden werden kann.
Nach § 137 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind Folgesachen Versorgungsausgleichsachen dann, wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist. Dies ist bei dem Verfahren nach § 33 VersAusglG nicht der Fall. Eine Entscheidung über einen Antrag nach § 33 VersAusglG ist nicht für den Fall der Scheidung, sondern für den Fall eines wirksam gewordenen Wertausgleichs bei der Scheidung zu treffen. Die Aussetzung der Kürzung nach § 33 VersAusglG erfordert, dass die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte. Eine Aussetzung der Kürzung kommt daher nur und erst dann in Betracht, wenn ein Wertausgleich bei der Scheidung stattgefunden hat.
Soweit vertreten wird, eine Entscheidung nach § 33 VersAusglG könne auch im Scheidungsverbund anhängig gemacht und entschieden werden, wenn die ausgleichspflichtige Person bereits eine Versorgung bezieht und im Scheidungsverbund auch über die Folgesache nachehelicher Unterhalt entschieden wird (vgl. Gutdeutsch in Beck'scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, 39. E., § 34 VersAusglG, Rn. 15 m. w. N), schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Hiergegen spricht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzg...