Leitsatz (amtlich)
Haben Ehegatten anlässlich ihrer Ehescheidung vor dem 1.9.2009 die Durchführung des Versorgungsausgleichs bezüglich einer betrieblichen Zusatzversorgung des Ehemannes im Wege einer Vereinbarung dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach §§ 1587f ff. BGB a.F. vorbehalten, wäre ein Anspruch der geschiedenen überlebenden Ehefrau gegen den Versorgungsträger auf eine Hinterbliebenenversorgung unter der Geltung neuen Rechts gem. § 25 II VersAusglG n.F. nur dann ausgeschlossen, wenn das Anrecht des verstorbenen Ehemannes wegen der ursprünglichen Vereinbarung der geschieden Ehegatten vom Wertausgleich bei der Ehescheidung ausgenommen worden wäre. Dieser Kausalzusammenhang ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich bezüglich der betrieblichen Zusatzanwartschaften des verstorbenen Ehemannes unter der Geltung alten Rechts überhaupt nicht hätte durchgeführt werden können.
Normenkette
BGB §§ 1587b, 1587o Abs. 2; VAHRG § 1 Abs. 2-3, § 3b; VersAusglG § 25 Abs. 1-2, § 6 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 08.02.2012; Aktenzeichen 108a F 144/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 8.3.2012 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Essen vom 8.2.2012 teilweise abgeändert:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin beginnend mit dem 1.9.2010 eine Hinterbliebenenversorgung i.H.v. monatlich 1.736,50 EUR zzgl. des jährlichen Anpassungssatzes nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 13.892 EUR ab dem 19.4.2011 und aus weiteren 5.209,50 EUR ab dem 26.7.2011 zu zahlen.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 8.3.2012 im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der 1. Instanz.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.497 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beschwerdeentscheidung beruht auf § 68 III S. 2 FamFG.
B. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sich das anhängige Verfahren auf Teilhabe der Antragstellerin an einer Hinterbliebenenversorgung gem. Art. 111 I FGG-RG, § 48 I VersAusglG nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden Recht richtet. Denn die für eine familiengerichtliche Auseinandersetzung nach § 223 FamFG erforderliche Antragsschrift vom 30.6.2011 ist am 6.7.2011, d.h. zeitlich nach dem Stichtag am 1.9.2009, beim AG Essen eingegangen.
C. Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 8.3.2012 gegen den Beschuss des AG - Familiengericht - Essen vom 8.2.2012 ist gem. § 58 I FamFG statthaft.
Sie ist zulässig, insbesondere innerhalb der Beschwerdefrist nach § 63 I FamFG eingelegt worden.
D. In der Sache ist die Beschwerde allerdings lediglich im Hinblick auf den tenorierten Zinsanspruch begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Insoweit wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 10.7.2012 sowie auf die ergänzenden Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 23.7.2012 verwiesen.
1. Der Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung beruht auf § 25 I VersAusglG.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist dieser Anspruch nicht gem. § 25 II VersAusglG i.V.m. § 6 I Ziff. 3 VersAusglG ausgeschlossen.
a) Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Eheleute T und I T, geb. C, anlässlich ihrer Ehescheidung vor dem AG Essen unter dem Az: 108a F 159/98 im Termin am 13.4.1999 eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich unter dem damals geltendem Recht gem. § 1587o I S. 1 BGB a.F. geschlossen haben. Nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung haben sie jedoch nicht den Versorgungsausgleich insgesamt ausgeschlossen. Vielmehr haben sie lediglich von der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs abgesehen und stattdessen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart, wozu sie nach § 1587f Ziff. 5 BGB a.F. ausdrücklich in der Lage waren.
b) Eine derartige Vereinbarung drängte sich nach damaligem Recht bereits aus praktischen Erwägungen auf:
aa) Die wesentliche Altersversorgung, die während der Ehezeit der Eheleute T erworben worden war, bestand aus der betrieblichen Zusatzversorgung des inzwischen verstorbenen Ehemannes T T bei der "U E GmbH" als Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin. Nach der damaligen Auskunft vom 15.12.1998 summierten sich die laufenden Leistungen aus dieser Zusatzversorgung auf jährlich 91.683,75 DM.
bb) Die gesetzlichen Rentenanwartschaften der Eheleute T waren demgegenüber unerheblich. Überdies standen sie der Ausgleichsrichtung entgegen, welche durch die dominierende betriebliche Zusatzversorgung des Ehemannes vorgegeben wurde. Während die Antragstellerin während der Ehezeit Rentenanwartschaften bei der DRV Bund i.H.v. monatlich 65,59 DM erworben hatte, beliefen sich die ehezeitbezogenen Anwartschaften ihres Ehemannes T T bei der DRV Bund auf monatlich lediglich 17,95 DM.
cc) Vor diesem Hintergrund wäre die Durchführung des ...