Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückfestsetzung aufgrund einer Kostenentscheidung nach § 494a II ZPO an die spätere Streithelferin gezahlter Kosten nach geänderter Kostengrundentscheidung im Hauptsacheverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kostenbeschluss nach § 494a II ZPO fällt weg, wenn im späteren Hauptsacheverfahren eine davon abweichende Kostengrundentscheidung - auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens betreffend - getroffen wird. Die aufgrund des Beschlusses nach § 494a II ZPO festgesetzten und gezahlten Kosten sind bei geänderter Kostengrundentscheidung zurückzuerstatten.

 

Normenkette

ZPO § 91 IV, §§ 103-104, 494a II

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 016 O 1226/21)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 26.04.2023 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 31.03.2023 wie folgt abgeändert.

Aufgrund des am 08.06.2022 verkündeten Urteils sind von der Streithelferin der Beklagten 1.427,68 EUR - eintausendvierhundertsiebenundzwanzig Euro und achtundsechzig Cent - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2022 an die Kläger zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Streithelferin der Beklagten auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten nach Urteilserlass in der Hauptsache um die Rückfestsetzung von Kosten, die die Kläger auf der Grundlage eines Beschlusses gemäß § 494a Abs. 2 ZPO im vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahren an die jetzige Streithelferin der Beklagten gezahlt haben.

Die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits beantragten die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens u. a. gegen die hiesige Streithelferin der Beklagten als Antragsgegnerin (010 OH 5/19). Im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens erging am 07.06.2021 nach fruchtlosem Ablauf der vom Gericht antragsgemäß gesetzten Frist zur Klageerhebung ein formell rechtskräftiger Kostenbeschluss nach § 494a Abs. 2 ZPO, auf dessen Grundlage am 07.07.2021 - ebenfalls formell rechtskräftig - ein Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten der jetzigen Streithelferin erlassen wurde. Die Kläger zahlten hierauf einschließlich Zinsen 3.172,62 EUR.

Nach Klageerhebung gegen andere vormalige Antragsgegner, nicht aber gegen die jetzige Streithelferin, trat diese dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten nach deren Streitverkündung vom 11.11.2021 (Bl. I 281 ff.) mit Schriftsatz vom 01.02.2022 (Bl. I 487) bei. In dem am 08.06.2022 verkündeten Urteil (Bl. I 609 ff.) wurden die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens 010 OH 5/19 den Klägern zu 55% und den Beklagten zu 45% auferlegt; außerdem wurde ausgesprochen, dass die Kläger die Kosten der Streithilfe zu 55% tragen und im Übrigen die Streithelferin ihre Kosten selbst trägt.

Die Kläger haben am 26.09.2022 einen Rückfestsetzungsantrag gegenüber der Streithelferin der Beklagten gestellt, und zwar i.H.v. von 45% der aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 07.07.2021 gezahlten 3.172,62 EUR, mithin i.H.v. 1.427,68 EUR, nebst Zinsen (Bl. I 670). Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung werde von der Kostenentscheidung im Urteil die Kostengrundentscheidung des selbstständigen Beweisverfahrens mit umfasst (Bl. I 693).

Die Streithelferin ist dem Antrag entgegengetreten (Bl. I 675). Der Kostenbeschluss nach § 494a ZPO stelle eine Ausnahme vom Grundsatz des Gleichlaufs der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens und der Kosten des Hauptsacheverfahrens dar. Es handele sich um eine endgültige Kostenentscheidung, die als formell rechtskräftiger Vollstreckungstitel Bindungswirkung entfalte. Im Übrigen bleibe es dabei, dass die Kläger ihr gegenüber die Frist zur Klageerhebung versäumt hätten; sie sei dann später von sich aus dem Rechtsstreit beigetreten.

Der Rechtspfleger hat durch Beschluss vom 31.03.2023 (Bl. I 762) den Rückfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Die Streithelferin habe nach dem Urteil keine Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu tragen, sondern nur die Kosten der Streithilfe.

Gegen diesen, ihnen am 12.04.2023 zugestellten (Bl. I 777) Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 26.04.2023 (Bl. I 805), eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt und hierzu ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft (Bl. I 838). Die Streithelferin hat unter Hinweis auf ihre bisherigen Ausführungen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde begehrt (Bl. I 825).

Der Rechtspfleger hat im Beschluss vom 28.08.2023 (Bl. I 844) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Kostengrundentscheidung sei durch das Urteil nicht abgeändert worden, so dass die Kläger weiterhin die Kosten der vormaligen Antragsgegnerin zu tragen hätten. Unter die Kosten der Streithilfe habe das Landgericht nur diejenigen im Hauptsacheverfahren gefasst. Die Kostenquotelung laut Urteil b...

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