Verfahrensgang
AG Detmold (Aktenzeichen 4 OWi 586/10) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Detmold zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 8
Abs. 1 Nr. 1 lit. d) iVm § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 des Gesetzes über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (Fahrpersonalgesetz - FPersG) zu einer Geldbuße von 2.437,50 € verurteilt. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat (vorläufig) Erfolg. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) iVm § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 FPersG nicht.
1. Das Amtsgericht hat - soweit für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung - folgende Feststellungen getroffen:
"Mit Schreiben vom 17. Februar 2010 forderte die Bezirksregierung E den Betroffenen als Inhaber der Firma ,J Q auf, bis zum 31. März 2010 folgende Unterlagen einzusenden oder bei ihrer Dienststelle vorzulegen:
(…)
Auf dieses Schreiben reagierte der Betroffene nicht. Mit Schreiben der Bezirksregierung E vom 14. April 2010 wurde der Betroffene an das Einreichen der geforderten Unterlagen und Schaublätter erinnert. Daraufhin erschien der Sohn des Betroffenen, Herr X, am 20. April 2010 auf der Dienststelle der Bezirksregierung E und gab dort 14 Schaublätter von Herrn N ab.
Mit weiterem Schreiben vom 28. April 2010 forderte der Gewerbeaufsichtsbeamte und Zeuge L den Betroffenen auf, die noch fehlenden Unterlagen sowie lückenhaft vorliegende Schaublätter bis zum 15. Mai 2010 vorzulegen. Es wurde nochmals gesondert darauf hingewiesen, dass, sollten nicht sämtliche Schaublätter und digitalen Daten vorgelegt werden können, weil das Kfz nicht im Einsatz war, vom letzten Fahrtag bzw. von dem ersten Tag der Wiederinbetriebnahme das Schaublatt bzw. die digitalen Daten zu übersenden sind. Auf dieses Schreiben erhielt die Bezirksregierung E wiederum keine Reaktion des Betroffenen."
Diese Feststellungen vermögen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) iVm § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 FPersG nicht zu tragen.
2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 FPersG sind der Unternehmer, der Fahrzeughalter und die Mitglieder des Fahrpersonals verpflichtet, der zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb einer von ihr festzusetzenden Frist Auskünfte wahrheitsgemäß und vollständig zu erteilen (Nr. 1) und Unterlagen zur Prüfung auszuhändigen oder einzusenden (Nr. 2). § 4 Abs. 3 Satz 1 FPersG ist, ohne dass es eines Rückgriffs auf die polizei- oder ordnungsrechtliche Generalklausel bedarf, die Befugnis der zuständigen Behörde zu entnehmen, den genannten Personenkreis durch Verwaltungsakt zur Erteilung von Auskünften oder zur Aushändigung oder Einsendung von Unterlagen aufzufordern (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juni 1993
- 10 S 1821/92 - ≪juris≫). Ein Verstoß gegen das in einem solchen Verwaltungsakt ausgesprochene Gebot zur Erteilung von Auskünften oder Vorlage von Unterlagen kann nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) (Unternehmer), Nr. 2 lit. c) (Fahrer) oder Nr. 3 (Fahrzeughalter) des Fahrpersonalgesetzes als Ordnungswidrigkeit geahndet
werden.
Das Bestehen eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 FPersG ist indes nur notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Ordnungswidrigkeit. Hinzu kommen muss nach einhelliger Auffassung, dass der Verwaltungsakt für den Betroffenen in dem Sinne "verbindlich" ist, dass er entweder nicht mehr anfechtbar ist oder dass Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben (Senat, Beschluss vom 7. Juni 1994 - 3 Ss OWi 509/94 - ≪juris≫; BayObLGSt 1987, 44; OLG Bamberg, Beschluss vom 4. Dezember 2007
- 2 Ss OWi 1265/07 - ≪juris≫; OLG Koblenz, VRS 80, 50; Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: September 2011, § 8 FPersG Rdnr. 10; wohl auch:
Andresen/Winkler, Fahrpersonalgesetz und Sozialvorschriften für Kraftfahrer,
4. Aufl. [2011], S. 99; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Oktober 1992
- 3 Ss OWi 650/92 - ≪NRWE≫).
3. Es spricht vieles für die Auffassung, dass Rechtsbehelfe gegen den Verwaltungsakt im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 FPersG, d.h. den Verwaltungsakt, mit dem die zuständige Behörde einen Angehörigen des in der Vorschrift umschriebenen Personenkreises zur Erteilung von Auskünften oder zur Aushändigung oder Einsendung von Unterlagen auffordert, kraft der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 3 FPersG keine aufschiebende Wirkung haben (so VG Stuttgart, NZV 2000, 390). Nach § 5 Abs. 3 FPersG haben u.a. Rechtsbehelfe gegen "Anordnungen zur Durchsetzung der in § 4 Abs. 3 Satz 1 FPersG geregelten Pflicht" keine aufschiebende Wirkung.
a) Diese Auffassung lässt sich mit dem Wortlaut der §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 5 Abs. 3 FPersG ohne Weiteres vereinbaren. Auch wenn ein...