Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrverbot. Besinnungsfunktion. zwei Jahre

 

Leitsatz (amtlich)

Der erzieherische Sinn und Zweck des Fahrverbots kann jedenfalls dann zweifelhaft sein, wenn der zu ahndende Verkehrsverstoß deutlich mehr als zwei Jahre zurückliegt. Dabei ist grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen Tat und letzter tatrichterlicher Entscheidung abzustellen.

 

Normenkette

StVG § 25; StPO §§ 258, 261

 

Verfahrensgang

AG Tecklenburg (Aktenzeichen 19 OWi 244/17)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG).

 

Gründe

Zusatz:

In Abweichung zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist anzumerken, dass die dortige Annahme, dass zwischen der (angefochtenen) Entscheidung und der Tat mehr als zwei Jahre lägen, nicht zutrifft. Ausweislich der Urteilsfeststellungen wurde die Tat am 27.11.2016 begangen, die angefochtene Entscheidung datiert vom 08.10.2018. Der erzieherische Sinn und Zweck des Fahrverbots kann jedenfalls dann zweifelhaft sein, wenn der zu ahndende Verkehrsverstoß deutlich mehr als zwei Jahre zurückliegt. Dabei ist aber grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen Tat und letzter tatrichterlicher Entscheidung abzustellen ist (OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2011 - III-3 RBs 70/10 -, Rn. 13, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 24. Januar 2012 - III-3 RBs 364/11 -, Rn. 2, juris). Auch wenn es sich bei der Zweijahresfrist nicht um eine starre Grenze handelt, bestand hier angesichts der nicht unerheblichen Unterschreitung des genannten Zeitraums und angesichts fehlender Hinweise in den Feststellungen, dass das Fahrverbot seine Funktion auch nach dem kürzeren Zeitablauf nicht mehr erfüllen könnte (oder seine Funktion eventuell bereits anderweitig erfüllt ist) kein Anlass für eine nähere tatrichterliche Erörterung.

Soweit die Rechtsbeschwerde einen Verstoß gegen §§ 258, 261 StPO rügt, ist die Rüge zwar zulässig. Der Umstand (seine Richtigkeit unterstellt), dass die Tatrichterin bereits einen Urteilsentwurf während der Schlussvorträge verfasst hat, verletzt noch nicht das Gesetz (BGH NJW 1958, 31). Es ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass das Gericht nicht etwa den Inhalt der Schlussvorträge in seine Erwägungen einbezogen hat - gerade weil es sich bei dem zuvor Niedergelegten nur um einen Entwurf handelte. Dass die Tatrichterin in früheren Sitzungen geäußert haben soll, dass es nichts einbringe, vom Fahrverbot abzusehen, wenn sie dann vom OLG aufgehoben werde, führt zu keiner anderen Bewertung. Aufgabe des OLG als Rechtsbeschwerdegericht ist es, die tatrichterlichen Entscheidungen auf Rechtsfehler hin zu überprüfen (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 337 StPO), mithin auf ihre Rechtmäßigkeit. Die Äußerung der Tatrichterin kann also nicht anders verstanden werden, als dass sie keine Rechtsfehler begehen wolle, sich rechtmäßig verhalten wolle.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13178779

SVR 2019, 372

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