Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungspflicht des Kostenschuldners bei Masseunzulänglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses gegenüber dem Insolvenzgericht erklärte Masseunzulänglichkeit rechtfertigt es nicht, die Erstattungspflicht des Kostenschuldners nunmehr lediglich der Höhe nach festzustellen.

 

Normenkette

InsO § 209 Abs. 1 Nr. 3, § 210; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 29.01.2003; Aktenzeichen 4 O 321/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig nach einem Gegenstandswert bis zu 3.000 Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

Die vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses gegenüber dem Insolvenzgericht durch den Beklagten erklärte Masseunzulänglichkeit ist für das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren ohne Belang. Sie führt nicht dazu, die Erstattungspflicht des Beklagten in Abänderung des ergangenen Leistungstitels nunmehr lediglich der Höhe nach festzustellen.

Zwar wird überwiegend die Auffassung vertreten, die Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen. Folglich besteht für eine Leistungsklage des Altmassegläubigers i.S.d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach erfolgter Anzeige mit Rücksicht auf das in § 210 InsO normierte Vollstreckungsverbot kein Rechtsschutzbedürfnis; sofern sie nicht auf eine Feststellungsklage umgestellt wird, ist sie als unzulässig abzuweisen (vgl. LAG Düsseldorf v. 25.5.2000 – 5 Sa 418/00, ZIP 2000, 2034, bestätigt durch BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 9 AZR 459/00, BAGReport 2002, 295; OLG Celle v. 20.12.2000 – 2 U 136/00, OLGReport Celle 2001, 61; s.a. BGH ZinsO 2000, 42).

Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.2002 – 23 W 190/02, OLGReport Hamm 2003, 37 f.; vgl. auch Beschl. v. 6.3.1997 – 23 W 45/97 zu § 60 KO), lässt sich die Rspr., das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO generell aus Gründen der Prozessökonomie als Zulassungshindernis bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen, nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren übertragen (vgl. OLG München v. 30.11.1999 – 11 W 3090/99, ZIP 2000, 555; OLG Naumburg RPfleger 2002, 332; a.A. LAG BW v. 26.3.2001 – 1 Ta 12/01, ZIP 2001, 657 f.). Es ist entspr. seiner Funktion, die Kostengrundentscheidung betragsmäßig auszufüllen und wegen der daraus resultierenden eingeschränkten Prüfungskompetenz der Kostenfestsetzungsorgane nicht dazu ausgelegt, materiell-rechtliche Streitfragen der Parteien zu klären (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.2002 – 23 W 190/02, OLGReport Hamm 2003, 37 m.w.N.). Hierfür stehen dem Kostenschuldner die dafür vorgesehenen besonderen Verfahren zur Verfügung, wie z.B. die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO. Das gilt auch für die hier streitige Frage nach Bestehen und Umfang eines Vollstreckungsverbots nach § 210 InsO und zwar unabhängig davon, ob die Masseunzulänglichkeit vor oder nach dem Entstehen des Erstattungsanspruchs erklärt wurde. Zwar stellt sich in letzterem Fall, der hier gegeben ist, nicht die Frage einer unterschiedlichen Behandlung der Prozesskosten als Alt- und Neuverbindlichkeiten. Doch geht es auch hier darum, ob und in welchem Umfang ein Vollstreckungshindernis nach § 210 InsO besteht. Zu Klärung dieser materiell-rechtlichen Frage muss sich der Beklagte im Falle der Vollstreckung aus dem beanstandeten Kostenfestsetzungsbeschluss der Vollstreckungsgegenklage bedienen. Dass dies für ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter unbillig wäre, ist nicht ersichtlich. Im Zweifel wird ein Kostengläubiger im Interesse einer bestmöglichen Wahrnehmung seiner Interessen, die Einzelvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss trotz angezeigter Masseunzulänglichkeit erst einleiten, wenn er Grund für die Annahme sieht, dass Massearmut nicht oder nicht mehr vorliegt (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 6.3.1997 – 23 W 45/97).

Die Kostenentscheidung folgt aus Nr. 1957 KV und § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung trägt dem Abänderungsinteresse des Beklagten Rechnung (§§ 12 GKG, 3 ZPO).

Rautenberg

 

Fundstellen

Haufe-Index 1106399

OLGR Hamm 2004, 12

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