Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Entscheidung vom 15.06.2005; Aktenzeichen 25 OWi 560 Js 396/04 (189/04))

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Der Betroffene wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 15. Juni 2005, durch das sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Landrates des Kreises S vom 19. Mai 2004 wegen unentschuldigten Ausbleibens des Betroffenen im Hauptverhandlungstermin gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen worden ist. In dem Bußgeldbescheid war gegen den Betroffenen wegen Nichtbefolgens der Weisung eines Polizeibeamten gemäß §§ 36, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße von 35 € festgesetzt worden.

Der Betroffene beantragt die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 15. Juni 2005. Seinen Zulassungsantrag hat er fristgemäß am 30. Juni 2005 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Recklinghausen begründet. In der Begründung heißt es: "Ich begründe den Antrag mit beigefügtem Schreiben, das ich zum Gegenstand meiner heutigen Erklärung mache. Ich rüge die Verweigerung des rechtlichen Gehörs." Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unzulässig zu verwerfen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar rechtzeitig eingelegt, die Begründung entspricht jedoch nicht den Voraussetzungen des § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 345 Abs. 2 StPO.

Nach § 345 Abs. 2 StPO kann der Zulassungsantrag - ebenso wie die Rechtsbeschwerde oder die Revision - für den Betroffene bzw. den Angeklagten nur durch einen Verteidiger oder zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet werden. Die Begründung eines Verteidigers liegt hier nicht vor.

Die vorliegend zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegebene Begründung des Betroffenen wird den Formerfordernissen des § 345 Abs. 2 StPO nicht gerecht. Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. u.a. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 345 Rn. 21 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; siehe auch Senat in VRS 107, 116) ist die Vorschrift dahin auszulegen, dass sich die Beteiligung des Urkundsbeamten nicht nur in einer formellen Beurkundung des von dem Betroffenen/Angeklagten Vorgebrachten erschöpfen darf, sondern dass der Urkundsbeamte sich an der Anfertigung der Rechtsmittelbegründung gestaltend beteiligen und Verantwortung für ihren Inhalt übernehmen muss, damit die Formvorschriften für die Begründung beachtet werden und das Rechtsmittel nicht unzulässig wird (BGH, Beschluss vom 21. Juni 1996 in 3 StR 88/96, BGHR StPO § 345 Abs. 2 Begründungsschrift 5; Meyer-Goßner, a.a.O.; Senat, a.a.O.). Der Urkundsbeamte ist verpflichtet, den Rechtsmittelführer über die richtige Art der Rechtsmittelbegründung zu belehren und auf eine formgerechte Abfassung hinzuwirken. Dadurch sollen einerseits die Interessen des Betroffenen/Angeklagten an einer formgerechten und zulässigen Rechtsmittelbegründung gewahrt werden, andererseits aber dem Rechtsmittelgericht die Prüfung grundloser oder unverständlicher Anträge erspart bleiben (BGH, a.a.O.). Eine Rechtsmittelbegründung wird nach diesen Grundsätzen regelmäßig dann als unzulässig erachtet, wenn sich der Urkundsbeamte den Inhalt des Protokolls vom Betroffenen bzw. Angeklagten diktieren lässt, wenn er sich darauf beschränkt, einen vom Betroffenen überreichten Schriftsatz abzuschreiben oder wenn er einen Schriftsatz des Betroffenen lediglich mit der üblichen Eingangs- und Schlussformel eines Protokolls umkleidet (BHG, a.a.O.; vgl. auch Nr. 150 Abs. 3 RiStBV) bzw. schließlich auch dann, wenn bloß auf eine Schrift des Betroffenen, die als Anlage beigefügt wird, bezug genommen wird, da der Urkundsbeamte in diesem Falle als bloße Schreibkraft des Antragstellers tätig wird (BayObLG NStZ-RR 1996, 312; OLG Düsseldorf VRS 67, 53, 90, 135; OLG Koblenz VRS 75, 57; Meyer-Goßner, a.a.O.). So verhält es sich hier. Der Rechtspflegerin hat in die Niederschrift zur Begründung lediglich den Verweis auf das als Anlage beigefügte Schreiben des Betroffenen aufgenommen. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Urkundsbeamte für die Erklärung auch in ihrem sachlichen Kern eintritt (vgl Senat, a.a.O.).

Zwar enthält die Niederschrift vom 30. Juni 2005 zusätzlich noch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. Aber auch dies führt nicht dazu, die Niederschrift als ausreichende Begründung des Zulassungsantrags anzusehen. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs muss im Wege der Verfahrensrüge entsprechend den Voraussetzungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geltend gemacht werden (vgl. dazu u.a. Senat in NStZ-RR 2004, 307 = Rpfleger 2004, 585 = VRS 107, 127 = NZV 2004, 595 = NStZ 2004, 307). Es sind also alle die Verletzung ausmachenden Verfahrensumstände vorzutragen. Das ist vorliegend aber nicht geschehen. Auf die Anlage zu der Niederschrift vom 30. Juni 2005 kann - wie dargelegt - nicht zurückgegriffen werden.

Nach...

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