Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren betr. Maßnahmen nach § 1666 BGB sind die Großeltern grundsätzlich nicht Beteiligte i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, da es am Merkmal der unmittelbaren Betroffenheit fehlt (vgl. BGH, B. v. 2.2.2011 - XII ZB 241/09, FamRZ 2011, 552 = NJW-RR 2011, 434).

Das Verfahren auf Auswahl eines Vormundes begründet auch dann keine unmittelbare Rechtsbetroffenheit der Großeltern des Kindes, wenn die Kindeseltern ihr Einverständnis damit erklären, dass die Großeltern als Vormund bestellt werden sollen; auch dann sind die Großeltern am Auswahlverfahren nicht gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zu beteiligen, sondern lediglich zu hören, § 1779 Abs. 3 BGB.

 

Normenkette

FamFG § 7

 

Verfahrensgang

AG Bottrop (Beschluss vom 08.11.2011; Aktenzeichen 14 F 358/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 8.11.2011 erlassenen Beschluss des AG -Familiengericht- Bottrop (14 F 358/11) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das AG hat der Antragstellerin zu Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das von ihr angeregte Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB versagt.

Denn die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist grundsätzlich nur für Verfahrensbeteiligte vorgesehen. Ob eine Beteiligung erforderlich ist, richtet sich mangels spezieller Regelung für Kindschaftssachen nach der allgemeinen Regelung in § 7 FamFG. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor.

1) Eine Beteiligung der Antragstellerin gem. § 7 Abs. 1 FamFG scheitert daran, dass das Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB kein Antragsverfahren ist, sondern von Amts wegen einzuleiten wie zu führen ist, (s. Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1666 BGB Rz. 48).

2) Im Übrigen käme eine Beteiligung der Antragstellerin nur nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG in Betracht. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind nur diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen sind, als Beteiligte zu einem Verfahren hinzuzuziehen. Dies setzt voraus, dass das Verfahren direkte Auswirkung auf eigene materielle, nach öffentlichem oder privatem Recht geschützte Positionen hat. Es genügt nicht, dass lediglich ideelle, soziale oder wirtschaftliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden oder dass die Entscheidung rein mittelbare Auswirkungen hat (s. BT-Drucks. 16/6308, 178).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

a) Das Verfahren nach § 1666, 1666a BGB auf Entziehung der elterlichen Sorge greift nicht unmittelbar in subjektive Rechte der Antragstellerin ein.

aa) Die Antragstellerin ist und war nicht sorgeberechtigt für das betroffene Kind.

bb) Auch die familiäre Stellung als Großmutter des betroffenen Kindes begründet keine unmittelbare Rechtsbetroffenheit. Großeltern sind durch Maßnahmen gem. §§ 1666, 1666a BGB regelmäßig nicht unmittelbar in ihren Rechten betroffen, da sie grundsätzlich nicht Träger des Elternrechts sind, (s. OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2011 - 2 WF 118/11, abgedruckt in MDR 2011, 1115).

b) Aber auch das Verfahren auf Auswahl eines Vormundes begründet keine unmittelbare Rechtsbetroffenheit der Großeltern, obwohl man der Zustimmung der Kindesmutter, der Antragstellerin die elterliche Sorge für das betroffene Kind zu übertragen, entnehmen kann, dass die Kindesmutter mit einer Ernennung der Antragstellerin zum Vormund grundsätzlich einverstanden ist.

aa) Zwar entsteht im Falle der Benennung eines Großelternteils als Vormund i.S.d. § 1776 BGB ein Anspruch des Benannten auf Bestellung als Vormund, (s. Palandt/Diederichsen, BGB, 70. Aufl., § 1776 Rz. 2; jurispk-BGB/Hamdan, 5. Aufl., § 1776 Rz. 7). § 1776 umfasst jedoch nur den Fall der Bestimmung eines Vormundes für den Fall des Todes des Elternteils, wie aus §§ 1777 Abs. 3, 1776 Abs. 2 BGB folgt, (s. jurispk-BGB/Hamdan, 5. Aufl., § 1776 Rz. 1).

bb) Im Übrigen ist der Vorschlag der Kindesmutter, die Antragstellerin als Vormund zu berücksichtigen, ebenso wie der Umstand, dass die Antragstellerin mit dem betroffenen Kind verwandt ist, im Rahmen der gem. § 1779 BGB zu treffenden Auswahlentscheidung erheblich zu berücksichtigen, wobei diese auch anzuhören sind, § 1779 Abs. 3 Satz 1 BGB (s. BVerfG, Beschl. v. 18.12.2008 - 1 BvR 2604/06, abgedruckt in FamRZ 2009, 291). § 1779 BGB räumt den in die Abwägung einzubeziehenden Personen allerdings keinen Anspruch auf die Bestellung als Vormund ein, (s. OLG Hamm, Beschl. v. 19.1.2011 - 8 UF 263/10, abgedruckt in NJW-RR 2011, 585; Staudinger/Engler, BGB, Neubearbeitung 2004, § 1779 Rz. 51 m.w.N.). Deshalb verursacht der übergangene Wunsch eines Großelternteils auf Bestellung zum Vormund keine eigene Rechtsbetroffenheit des Großelternteils, (BGH, Beschl. v. 2.2.2011 - XII ZB 241/09, abgedruckt in FamRZ 2011, 552; OLG Hamm, a.a.O.).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, §§ 127 Abs. 4 ZPO, 73 Abs. 1 bzw. 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2874598

MDR 2012, 351

FamRB 2012, 78

ZKJ 2012, 195

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