Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Tragung der Kosten eines übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens zum Kindesunterhalt, wenn er der vorgerichtlichen Aufforderung zur kostenfreien Titulierung des Unterhaltsanspruchs durch Errichtung einer Jugendamtsurkunde erst im laufendem Verfahren nachgekommen ist, weil die zur Ermittlung seiner eigenen Einkünfte erforderlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens noch nicht vorlagen.
Normenkette
FamFG § 243
Verfahrensgang
AG Hattingen (Beschluss vom 15.11.2012) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 21.11.2012 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hattingen vom 15.11.2012 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für die Beschwerde wird auf bis 900 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Antrag vom 19.7.2012 im Wege der Prozessstandschaft auf Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. 416 EUR (160 % des Mindestunterhalts) ab Mai 2012, abzgl. für Mai und Juni jeweils gezahlter 350 EUR in Anspruch genommen.
Der Antragsgegner ist Anästhesist und hat sich im November 2011 selbständig gemacht. Er hat mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22.8.2012 Verteidigungsbereitschaft anzeigen lassen und am 4.9.2012 eine Jugendamtsurkunde errichtet, in welcher er sich zur Zahlung des begehrten Kindesunterhalts i.H.v. 160 % des Mindestunterhalts verpflichtet hat.
Nachdem die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das Familiengericht dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II. Die gem. den §§ 113 I, 243 FamFG, 91a II, 567 I, 569 I ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Für Verfahren auf Zahlung von Kindesunterhalt ist die Kostenfolge in § 243 FamFG geregelt. Danach entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten nach billigem Ermessen (§ 243 S. 1 FamFG). Dadurch werden zwar die Kostenvorschriften der §§ 91 ff. ZPO verdrängt. Das schließt es jedoch im Falle der Erledigung der Hauptsache nicht aus, dass die in § 91a ZPO vorgesehene Kostenregelung zur Ausfüllung des bestehenden Ermessens herangezogen wird (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 243 Rz. 2 m.w.N.).
Soweit das Familiengericht die Kosten dem Antragegner unter Berufung auf die §§ 113 I FamFG, 91a ZPO nach billigem Ermessen auferlegt hat, weil er vor der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens keine Jugendamtsurkunde über den von ihm zu leistenden Kindesunterhalt erstellt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
a) Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner den Kindesunterhalt für die Monate Mai und Juni 2012 - jedenfalls teilweise i.H.v. je 350 EUR - gezahlt hat.
Für den Antragsgegner bestand ab dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde mit vorgerichtlicher Aufforderung durch die Antragstellerin vom 4.5.2012 eine Verpflichtung zur außergerichtlichen Erstellung eines kostenfreien Titel durch Errichtung einer Jugendamtsurkunde (vgl. OLG Hamm NJW 2007 1758 m.w.N.; Keidel-Giers, FamFG, 17. Aufl., § 243 Rz. 8 m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist er erst im laufenden Verfahren nachgekommen. Damit hat er in hinreichendem Maße Anlass zur Stellung des Antrags auf Kindesunterhalt im gerichtlichen Verfahren gegeben. Auf die in § 93 ZPO für ein sofortiges Anerkenntnis getroffene Regelung kann er sich daher nicht berufen (vgl. auch: BGH NJW 2010, 238, 239).
b) Der Antragsgegner kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Umstände, die ihn in die Lage versetzt haben, den dem gemeinsamen Kind zustehenden Unterhaltsanspruch zu berechnen, erst im laufenden Verfahren bekannt geworden sind.
Zwar hat der Senat im Zusammenhang mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zur Frage der Mutwilligkeit der Anhängigmachung eines gerichtlichen Verfahrens zum Kindesunterhalt entschieden, dass eine Verpflichtung zur vorgerichtlichen Titulierung des Kindesunterhalts dann nicht besteht, wenn die Voraussetzungen für die Berechnung der Unterhaltshöhe nicht vorliegen, weil der vertretungsberechtigte Elternteil die Auskunft zur Höhe der Einkünfte des unterhaltsberechtigten Kindes verweigert (vgl. Senat NJW-RR 2012, 968). In einem solchen Fall erscheint es unzumutbar, den Unterhaltsverpflichteten auf die Möglichkeit der kostenfreien vorgerichtlichen Titulierung des Unterhaltsanspruchs zu verweisen, zumal die Gründe für die Unmöglichkeit der zuverlässigen Berechnung der Höhe des Kindesunterhalts in der Sphäre des Unterhaltsberechtigten liegen.
Im Streitfall lagen die Umstände, die einer zuverlässigen Berechnung der Unterhaltshöhe im Wege standen jedoch nicht im Verantwortungsbereich des unterhaltsberechtigten Kindes oder seiner gesetzlichen Vertreterin, sondern in der Schwierigkeit der Berechnung des Einkommens des Antragsgegners aus seiner selbständigen Tätigkeit. Die m...