Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Meschede zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Meschede hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine (erhöhte) Geldbuße von 180,00 EUR verhängt und ihm gestattet, diese Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von 90,00 EUR zu zahlen. Von der Verhängung eines Fahrverbotes wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV hat das Amtsgericht abgesehen.

Nach den getroffenen Feststellungen ist gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 6. November 2001 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h eine Geldbuße von 84,36 EUR sowie ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt worden. Der Bußgeldbescheid ist seit dem 22. Februar 2002 rechtskräftig. Am 9. Januar 2003 befuhr der Betroffene in Meschede innerorts die L 740 mit einer Geschwindigkeit von 77 km/h, überschritt also die zulässige Höchstgeschwindigkeit erneut um 27 km/h.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Sie ist ausweislich der Rechtsbeschwerdebegründung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel der örtlichen Staatsanwaltschaft beigetreten.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg, denn die Rechtsfolgenentscheidung des angefochtenen Urteils weist einen durchgreifenden materiell-rechtlichen Rechtsfehler auf. Die Begründung, mit der das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbotes abgesehen hat, hält der rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

"§ 4 Abs. 2 S. 2 BKatV sieht ein Regelfahrverbot dann vor, wenn gegen den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und der Betroffene innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht. Ein solcher Regelfall ist vorliegend gegeben. Der Bußgeldbescheid vom 06.11.2001, durch den gegen den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h eine Geldbuße und ein Fahrverbot festgesetzt wurde, ist seit dem 22.02.2002 (rechtskräftig - Anm. des Senats). Tattag im vorliegenden Fall ist der 09.01.2003."

Dennoch wurde gem. § 4 Abs. 3 BKatV von der Verhängung eines Fahrverbotes bei gleichzeitiger Erhöhung der Regelgeldbuße um 200 % abgesehen.

Gem. § 4 Abs. 4 BKatV kann von einem Fahrverbot ausnahmsweise abgesehen werden und das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden. Ein Absehen kommt dann in Betracht, wenn erhebliche Härten oder eine Vielzahl gewöhnlicher Umstände vorliegen, die es unangemessen erscheinen lassen, den Betroffenen trotz des groben bzw. beharrlichen Pflichtverstoßes mit einem Fahrverbot zu belegen (BGHSt 38, 125, 134; OLG Hamm, Beschl. v. 06.02.2003, Az. 4 Ss OWi 75/03).

Nach Auffassung der Richterin liegen bereits gewöhnliche Umstände vor, die es unangemessen erscheinen lassen, den Betroffenen mit einem Fahrverbot zu belegen.

Sowohl bei dem Verkehrsverstoß, der dem Bußgeldbescheid vom 06.11.2001 zu Grunde liegt, als auch bei dem nun zu beurteilenden Verkehrsverstoß hat der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h überschritten, die gem. § 4 Abs. 2 BkatV erforderliche Geschwindigkeit, die zur Verhängung eines Regelfahrverbotes führen kann bzw. soll, somit nur knapp überschritten.

Ferner ist die Jahresfrist des § 4 Abs. 2 S. 2 BkatV zum Tatzeitpunkt fast abgelaufen. Der Betroffene ist fast 11 Monate verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Dies zeigt, dass es sich bei dem Betroffenen nicht um einen notorischen Verkehrssünder handelt sondern um eine Person, die sich grundsätzlich verkehrsrechtstreu zu verhalten weiß.

Ferner würde die Verhängung eines Fahrverbotes eine unbillige Härte für den Betroffenen darstellen. Der Betroffene hat durch Vorlage eines Attests sowie einer Erklärung seiner 80-jährigen Mutter glaubhaft gemacht, dass diese wegen einer starken Sehbehinderung und weiterer körperlicher Gebrechen auf die Fahr- und Versorgungsdienste durch den Betroffenen angewiesen ist. Zwar würde der Verlust der Fahrerlaubnis primär eine Härte für die zu versorgende Mutter darstellen, jedoch stellt eine solche auf Grund der familiären Verbundenheit und der Verantwortung für das Familienmitglied auch eine unbillige Härte für den Betroffenen dar, da er beim Verlust seiner Fahrerlaubnis seiner Verantwortung nicht mehr nachkommen könnte und somit befürchten müsste, dass es zu Versorgungslücken bei seiner Mutter käme. Der E...

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