Leitsatz (amtlich)
Hat ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt durch die Führung getrennter Verfahren eindeutig gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung verstoßen, kann das noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn eine Prozesskostenhilfebewilli-gung für getrennte Verfahren erfolgt ist.
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Beschluss vom 29.08.2008; Aktenzeichen 13b F 72/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG - FamG - Iserlohn vom 29.8.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beteiligte zu 1) ist der Antragstellerin der am 30.8.2007 bzw. am 10.9.2007 getrennt anhängig gewordenen Ausgangsverfahren, deren Gegenstand eine Sorgerechtsregelung bzw. eine Umgangsregelung waren, im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden.
Beide Verfahren sind am 13.9.2007 miteinander verbunden worden.
Die Beteiligte zu 1) meint nunmehr, die ihr aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für die Zeit bis zur Verfahrensverbindung getrennt für beide Verfahren abrechnen zu können. Sie begehrt, nachdem durch Beschluss vom 25.9.2007 zu ihren Gunsten bereits ein Vorschuss i.H.v. 637,48 EUR festgesetzt worden ist, die Festsetzung eines weiteren Vorschusses i.H.v. 316,18 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG hat diesem Begehren durch Beschluss vom 5.6.2008 nur teilweise entsprochen und einen weiteren Vorschuss i.H.v. nur 55,70 EUR festgesetzt. Bei der Ermittlung der Höhe dieses Betrages ist sie von der Vergütung ausgegangen, die dann angefallen wäre, wenn das Umgangsrechtsverfahren nicht getrennt anhängig gemacht worden wäre; sie hat dabei die bereits zuvor erfolgte Festsetzung vom 25.9.2007 berücksichtigt.
Der Richter des AG hat die gegen den Beschluss vom 5.6.2008 gerichtete Erinnerung der Beteiligten zu 1) vom 29.7.2008 durch Beschluss vom 29.8.2008 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde.
2. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Zwar trifft die Auffassung des AG, die Erinnerung der Beteiligten zu 1 sei unzulässig, nicht zu, da sich dem Gesetz eine Frist zur Einlegung der Erinnerung nicht entnehmen lässt. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG verweist nicht auf § 33 Abs. 3 RVG und damit auch nicht auf die in § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG geregelte Frist.
Der durch den angefochtenen Beschluss bestätigte Beschluss des AG vom 5.6.2008 ist jedoch in der Sache nicht zu beanstanden. Der Beteiligte zu 1) hat auch nach Auffassung des Senats aus den Gründen, die der Beteiligte zu 2) in seiner Stellungnahme vom 26.5.2008 dargelegt hat und die in vollem Umfang zutreffen, keinen Anspruch darauf, aus der Landeskasse einen höheren Vorschuss als die festgesetzten insgesamt (637,48 EUR+55,70 EUR =) 639,18 EUR zu erhalten.
a) Die Beteiligte zu 1) hat dadurch, dass sie die Regelung der elterlichen Sorge für das Kind der Antragstellerin und die Regelung des Umgangs des Vaters mit dem Kind zum Gegenstand getrennter Verfahren gemacht hat, eindeutig gegen den Grundsatz kostensparender Prozessführung verstoßen. Ein irgendwie gearteter sachlicher Grund für eine getrennte Verfahrensführung, ist nicht erkennbar und wird auch von der Beteiligten zu 1) nicht aufgezeigt. Die Verfahren sind vielmehr alsbald miteinander verbunden worden.
b) Ein eindeutiger Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung wie er hier gegeben ist, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn eine Prozesskostenhilfebewilligung für getrennte Verfahren erfolgt ist. Ein Anspruch gegen die Staatskasse ist nämlich immer dann ausgeschlossen, wenn der Rechtsanwalt einen Gebührenanspruch gegen die Partei - wäre nicht Prozesskostenhilfe bewilligt worden - aus Rechtsgründen nicht durchsetzen könnte (OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 558; Musielak/Fischer, ZPO, § 121 Rz. 29; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 3100 VV, Rz. 187 ff.).
So verhält es sich hier, weil die Beteiligte zu 1) durch die getrennte Antragstellung unnötige Kosten verursacht hat. Das hat zur Folge, dass die Mandantin der Beteiligten zu 1) - wäre keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden - nicht verpflichtet wäre, die überflüssigen Gebühren zu bezahlen. In einem solchen Fall macht sich der Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten wegen positiver Forderungsverletzung schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass er den Vergütungsanspruch nicht geltend machen kann. Nur die Gebühren, die ohne das pflichtwidrige Verhalten angefallen wären, dürfen verlangt werden (BGH NJW 2004, 2817; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 3100 VV, Rz. 241 ff.).
Die Staatskasse kann bei einer positiven Forderungsverletzung des Rechtsanwalts nicht schlechter stehen als der Mandant. Deshalb kann die Staatskasse dem Rechtsanwalt die Einwendungen entgegenhalten, die der Partei, wenn sie zahlen müsste, zustünden (BVerwG Rpfleger 1995, 75; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 55 Rz. 46).
c) Durch die Prozesskostenhilfebewilligung und die Beiord...