Leitsatz (amtlich)
Für das Tatbestandsmerkmal der "Wiederholung" in § 95 Abs. 1 Nr.7 AufenthG reicht auch ein früherer Verstoß von Ausländern gegen Aufenthaltsbeschränkungen, und zwar auch nach dem AuslG oder dem AsylVfG.
Verfahrensgang
AG Lünen (Entscheidung vom 18.08.2006) |
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 18. August 2006 wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen räumliche Beschränkungen nach § 61 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 8,- EUR verurteilt.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen besitzt der nach Romarecht verheiratete Angeklagte die serbisch-montenegrinische Staatsbürgerschaft und ist zunächst als Asylbewerber nach Deutschland eingereist.
Am 6. März 2006 habe er sich in der zum Land Niedersachsen gehörenden Stadt Auetal aufgehalten, um dort seinem Bruder bei einer Autopanne zu helfen. Dabei sei ihm bewußt gewesen, dass seine Aufenthaltsgestattung gemäß § 61 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkt war. Diesen Sachverhalt habe der Angeklagte eingeräumt.
Die wiederholte Zuwiderhandlung gegen räumliche Beschränkungen nach § 61 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz hat das Amtsgericht damit begründet, dass der Angeklagte bereits am 18. Oktober 1996 vom Amtsgericht Lünen in dem Verfahren 14 Cs 12 Js 109/96 wegen wiederholten Vergehens gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach § 85 Nr. 2 Asylverfahrensgesetz in 3 Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Der Angeklagte habe deshalb nicht zum ersten Mal die für ihn angeordneten räumlichen Beschränkungen missachtet.
Gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts richtet sich die Sprungrevision des Angeklagten, mit der dieser die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er ist der Auffassung, der von ihm am 6. März 2006 anläßlich der Fahrt nach Niedersachsen begangene Verstoß stelle keine Wiederholung einer Zuwiderhandlung gegen Aufenthaltsbeschränkungen i.S.v. § 95 Abs. 1 Ziffer 7 i.V.m. § 61 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz dar, weil dieses Gesetz erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten sei. Die frühere Verurteilung vom 18. Oktober 1996 betreffe eine Straftat nach dem Asylverfahrensgesetz und dürfe zur Begründung eines wiederholten Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz nicht herangezogen werden. Nach dem früher geltenden Ausländergesetz sei im übrigen der Verstoß gegen räumliche Beschränkungen - auch im Wiederholungsfall - stets nur als Ordnungswidrigkeit geahndet worden. Als Vortat im Sinne eines wiederholten Verstoßes gegen § 95 Abs.1 Nr.7 Aufenthaltsgesetz könnte deshalb nur eine als Ordnungswidrigkeit geahndete Zuwiderhandlung gegen eine räumliche Beschränkung in Betracht kommen, die nach dem 1. Januar 2005 begangen worden sei. Frühere Verstöße seien wegen des sich aus Art. 103 Abs.2 GG ergebenden Rückwirkungsverbotes nicht berücksichtigungsfähig. Darüber hinaus macht der Angeklagte mit näheren Ausführungen geltend, dass nach seiner Auffassung die vom Amtsgericht angewandte Strafvorschrift des Aufenthaltsgesetzes verfassungswidrig sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Vorlage der Akten in ihrer Stellungnahme vom 6. November 2006 zunächst beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzu-verweisen. In der Hauptverhandlung hat sie hieran nicht festgehalten, sondern beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die gemäß § 335 Abs.1 StPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen die räumlichen Beschränkungen des Aufenthaltsgesetzes.
1.
Der Angeklagte, dessen Asylantrag bestandskräftig abgelehnt wurde, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Sein Aufenthalt wird aber gegenwärtig - möglicherweise aus humanitären Gründen ( § 60 Abs.1 S.2 i.V.m. § 23 Abs. 1 AufenthG) - geduldet. Von dieser Rechtslage, die der Angeklagte in der Revisionsbegründungsschrift bestätigt hat, ist ersichtlich auch das Amtsgericht ausgegangen, das danach zutreffend die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dieses Gesetz, das am 1. Januar 2005 zur Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern (§ 1 S. 1 AufenthG) in Kraft getreten ist, findet auch auf Ausländer Anwendung, deren Asylantrag bestandskräftig abgewiesen wurde. Obwohl die dem Angeklagten nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes erteilte Aufenthaltserlaubnis - wie ihm bekannt war - auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkt war, hielt er sich am 6. März 2005 verbotswidrig in Niedersachsen auf, um seinem Bruder bei einer Autopanne behilflich zu sein. Damit hat der Angeklagte einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs.1 AufenthG vorsätzlich zuwider gehandelt.
2.
Der Angeklagte hat mit dieser Tat aber auch wiederholt gegen räuml...