Leitsatz (amtlich)
1. Auch eine in „Ich”-Form durch den Verfahrensbevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 104 ZPO ist im Zweifel dahin auszulegen, dass das Rechtsmittel im Namen der Partei betrieben werden soll.
2. Steht dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt für eine Vergleichsgebühr kein Beitreibungsrecht gegen den Gegner nach § 126 ZPO zu, weil die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden sind, findet insoweit durch die Auszahlung der Vergleichsgebühr nach § 123 BRAGO auch kein Übergang auf die Staatskasse nach § 130 BRAGO statt.
Normenkette
BRAGO §§ 123, 130; ZPO §§ 104, 122 Abs. 1 Nr. 1b, § 126
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 2 O 117/01) |
Tenor
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat die Beklagte an die Klägerin 1.025,52 Euro nebst Zinsen von 5 % über den Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 30.11.2001 zu erstatten.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 75 % und die Beklagte 25 % nach einem Gegenstandswert von 1.349,31 Euro.
Gründe
Die nach teilweiser Rücknahme noch anhängige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Obwohl die Beschwerde von Rechtsanwalt L. in „Ich”-Form eingelegt wurde und insoweit trotz des gerichtlichen Hinweises vom 6.5.2002 keine Klarstellung erfolgte, ist davon auszugehen, dass er die Beschwerde namens der Klägerin eingelegt hat. Ein eigenes Beschwerderecht gegen die Kostenfestsetzung nach § 104 ZPO steht ihm nicht zu (vgl. Zöller/Herget, 23. Aufl. 2002, § 104 ZPO Rz. 11 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn er mit der Klägerin abgesprochen haben sollte, dass ihm der festgesetzte Betrag als Vergütung gebühren solle. Denn beteiligt an dem Festsetzungsverfahren nach § 104 ZPO sind nur die Parteien, nicht hingegen (auch) ihre Prozessbevollmächtigten. Im Zweifel ist aber anzunehmen, dass ein Anwalt das jeweils zulässige Rechtsmittel einlegen will. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Wahl der „Ich”-Form lediglich im Zusammenhang mit der Vergleichsgebühr steht, die Rechtsanwalt L. im Beschwerdeschreiben für sich reklamiert hat. Die nachfolgenden Ausführungen sowie der Schriftsatz vom 17.5.2002 sind ausschließlich in der dritten Person abgefasst. Das spricht für ein Vorbringen als Vertreter der Klägerin.
2. Die Rechtspflegerin hätte den zutreffend mit 1.384,34 Euro ermittelten Erstattungsanspruch der Klägerin nicht um 693,93 Euro, sondern lediglich um 358,82 Euro kürzen dürfen, weil nur in Höhe dieses Betrages ein Anspruchsübergang nach § 130 BRAGO auf die Staatskasse stattgefunden hat.
Auf eine Kostentragungspflicht des Gegners kann die Staatskasse über § 130 BRAGO nur insoweit zugreifen, als ein Beitreibungsrecht des beigeordneten Anwalts nach § 126 ZPO besteht. Der Vergütungsanspruch des Anwalts im Verhältnis zur Partei wird zwar ebenfalls von dem Anspruchsübergang erfasst, erstreckt sich jedoch nicht auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Partei dem Gegner ggü. und kann von der Staatskasse nur nach Maßgabe des § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO realisiert werden (vgl. Schnapp AnwaltKommentar, § 130 BRAGO Rz. 28).
Hinsichtlich der Vergleichsgebühr steht dem Rechtsanwalt L. ein Beitreibungsrecht nicht zu, weil die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben wurden. Soweit die Staatskasse eine Vergleichsgebühr gem. § 123 BRAGO gezahlt hat, fehlt es an einer korrespondierenden Forderung des Anwalts nach § 126 der Beklagten ggü., die auf die Staatskasse hätte übergehen können. Da die Regelung des § 130 BRAGO ein bürgschaftsähnliches Verhältnis zum Gegenstand hat (vgl. Schnapp AnwaltKommentar, § 130 BRAGO Rz. 1, 19), setzt der Forderungsübergang voraus, dass dem beigeordneten Anwalt gerade der vergüteten Tätigkeit wegen ein Beitreibungsrecht nach § 126 ZPO zusteht. Dass er hinsichtlich anderer Gebühren ein solches Befriedigungsrecht hat (und vorrangig beanspruchen könnte), reicht nicht hin.
Mithin ergibt sich folgende Abrechnung:
Prozessgebühr 1.105,00 DM
Nebenkostenpauschale 40,00 DM
Abwesenheitsgeld 30,00 DM
Fahrtkosten 54,08 DM
2.334,08 DM
Umsatzsteuer 16 % 373,45 DM
Gesamtbetrag 2.707,53 DM
Das entspricht 1.384,34 Euro. Hiervon sind 358,82 Euro auf die Staatskasse übergegangen, weil sie das Beitreibungsrecht des Rechtsanwalts L. nach § 126 ZPO insoweit geltend machen kann. Denn hinsichtlich der gezahlten Prozessgebühr und Nebenkostenpauschale besteht ein Erstattungsanspruch. Mithin verbleiben für die Klägerin 1.025,52 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 269 ZPO; der Gegenstandswert folgt aus dem Abänderungsbegehren.
Schnapp
RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1106179 |
OLGR Hamm 2003, 16 |