Normenkette
BGB §§ 242, 765
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen 9 O 545/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9.1.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des LG Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
In der Berufung trägt die Klägerin vor, die von ihr in Ziff. 6.2 der Besonderen Vertragsbedingungen verwendete Klausel sei nicht nach § 9 AGBG a.F. unwirksam. Die Grundsätze der Rspr. des BGH über die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln, die einen Gewährleistungseinbehalt oder eine Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zum Inhalt haben, seien nicht auf solche AGB-Klauseln übertragbar, die von einem öffentlichen Auftraggeber verwendet werden. Denn anders als bei einem privaten sei bei einem öffentlichen Auftraggeber weder ein Insolvenzrisiko noch die Gefahr einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bürgschaft gegeben.
Jedenfalls könne sich die Beklagte nach § 242 BGB nicht auf die Unwirksamkeit dieser Klausel berufen, da sie die Bürgschaft in Kenntnis der hierzu maßgeblichen höchstrichterlichen Rspr. gegeben habe.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 12.176,93 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 21.2.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Auffassung, hinsichtlich der Unwirksamkeit einer Verpflichtung in allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern könne bei einem öffentlichen Auftraggeber nichts anderes gelten als bei einem privaten Auftraggeber. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liege in der Gefahr eines Liquiditätsentzuges.
II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem allein in Betracht kommenden Anspruch der Klägerin aus dem Bürgschaftsvertrag nach § 765 BGB stehen Einwendungen der Beklagten nach § 242 BGB entgegen.
1. Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist ein wirksamer Bürgschaftsvertrag i.S.d. § 765 BGB zustande gekommen. Eine etwaige Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Bürgschaftsvertrages (BGH, Urt. v. 8.3.2001 – IX ZR 236/00, NJW 2001, 1857).
Die Klägerin macht hier gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 12.176,93 Euro aufgrund eines im Jahre 2000 eingestürzten Vordaches geltend, den die inzwischen insolvente Hauptschuldnerin bereits dem Grunde nach anerkannt hat. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwände gegen die Höhe der Hauptforderung ergeben sich weder aus dem unstr. Sachverhalt noch aus dem Inhalt der Vertragsurkunden und sind daher einem Rückforderungsprozess vorbehalten (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2001 – IX ZR 236/00, NJW 2001, 1857).
Die von der Beklagten übernommene Bürgschaft umfasst den von der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin geltend gemachten Anspruch. Nach der Bürgschaftsurkunde wurde die Bürgschaft übernommen für die „Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insb. für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschl. der Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz” zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin. Eine Begrenzung der Haftung für Ansprüche bis zum Abnahmezeitpunkt wird von der Beklagten nicht vorgetragen und lässt sich aus der Bürgschaft auch nicht entnehmen. Vielmehr wollten die Parteien, dass die Bürgschaft „sämtliche Ansprüche”, also insb. auch möglicherweise nach der Abnahme entstehende Gewährleistungsansprüche der Klägerin, absichert (§§ 133, 157 BGB).
2. Der Durchsetzbarkeit des Anspruchs steht jedoch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegen.
2.1 Der Einwand ist begründet, weil es im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin an einer wirksamen Verpflichtung zur Stellung eines durch Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösbaren Sicherheitseinbehalts für Gewährleistungsansprüche, die nach der Abnahme entstehen, fehlt.
Der Bürge kann Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner nur dann bereits in dem Erstprozess erheben, wenn sie sich aus dem unstr. Sachverhalt oder dem Inhalt der Vertragsurkunden ohne weiteres ergeben. Denn nach § 242 BGB braucht ein Bürge der Zahlungsaufforderung nicht nachzukommen, wenn der Gläubiger offensichtlich seine formelle Rechtsstellung als Inhaber einer Bürgschaft auf erstes Anforde...