Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt bei Eheschließung in jungen Jahren und ehebedingtem Nachteil
Leitsatz (redaktionell)
Keine Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt gemäß § 1578b BGB, wenn die Eheschließung in jungen Jahren erfolgte und der den Unterhalt begehrende Ehegatte keine Berufsausbildung abgeschlossen hat.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1573 Abs. 2, § 1578b
Verfahrensgang
AG Essen (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 107 F 253/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 31.1.2008 verkündete Urteil des AG - FamG - Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über nachehelichen Unterhalt der Klägerin zu 1. für die Zeit ab März 2009 sowie über die Kosten des Rechtsstreits.
Die Parteien - die Klägerin zu 1. ist am ... geboren, der Beklagte am ... - heirateten am 24.8.1990 vor dem Standesamt F-X. Die Trennung der Parteien erfolgte im September 2004. Die Ehe ist durch Verbundurteil des AG - FamG - Essen vom 17.8.2006 geschieden worden; das Urteil ist im Scheidungsausspruch rechtskräftig seit dem 17.8.2006. Aus der Ehe sind der Kläger zu 2., der am ... geborene Sohn N, sowie der Kläger zu 3., der am ... geborene Sohn N2, hervorgegangen, die beide bei der Klägerin zu 1. leben. N leidet an Borreliose III. Grades und hat aufgrund dessen ständige Kopfschmerzen. Er besucht aktuell die 10. Klasse der Realschule F-L. Er beabsichtigt, den Abiturzweig der Realschule einzuschlagen, um dann eine gymnasiale Schulausbildung fortzuführen. N2 ist bereits zwölf mal an den Ohren operiert. Im Jahre 2005 musste er sich ferner wegen Darmblutens stationär behandeln lassen. Er ist - auch wegen der Einschränkungen seines Hörvermögens - in seiner Arbeitsweise verlangsamt und hat aufgrund dessen das erste wie auch das vierte Schuljahr der Grundschule wiederholt. Seit August 2006 besucht er die Gesamtschule F-Süd, und zwar seit Sommer 2008 die 7. Klasse. N2 ist trotz seiner kräftigen Statur in der Schule des öfteren das Opfer von Gewalt geworden; er hat insoweit Probleme im Konfliktverhalten. Eine Therapie macht er deswegen nicht. Der Kindesunterhalt war für beide Kinder durch Jugendamtsurkunde vom 31.8.2006 jeweils i.H.v. 135 % des Regelbetrages je Kind tituliert; wegen der näheren Einzelheiten dieser Urkunden wird auf Bl. 69, 70 GA Bezug genommen.
Die Klägerin zu 1. verfügte im Jahre 1985, als sie den Beklagten kennen lernte, über keinen Schulabschluss. Sie holte dann zunächst den Realschulabschluss über die Volkshochschule nach. Jedenfalls bis 1988 ging sie keiner Berufstätigkeit nach, vielmehr befand sie sich lediglich zeitweise in ABM-Maßnahmen des Arbeitsamtes. Während der Ehe mit dem Beklagten war die Klägerin zu 1. überwiegend als Hausfrau tätig. Eine in zeitlichem Zusammenhang mit der Eheschließung begonnene Ausbildung zur Köchin musste sie wegen einer Nickelallergie schon nach ein paar Monaten abbrechen. Ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen beendete sie die alsdann aufgenommene Ausbildung zur Bürokauffrau vorzeitig. Sie ging dann kurzfristigen geringfügigen Beschäftigungen nach. Seit der Geburt der Kinder arbeitete die Klägerin zu 1. während der Ehe zunächst nicht mehr. In der Zeit vom 26.4.2004 bis 2.5.2006 war sie geringfügig beschäftigt; sie erzielte ein Einkommen von monatlich rund 300 EUR. In der Zeit vom 3.5.2006 bis 14.6.2006 arbeitete sie in Teilzeit als Vertriebsmitarbeiterin zu 30 Stunden und bezog ein Einkommen i.H.v. 1.095 EUR brutto. Sie erkrankte während dieser Tätigkeit und wurde vom 26.6.2006 bis 4.7.2006 sowie vom 6.7.2006 bis 21.7.2006 stationär wegen eines Nasenkarzinoms behandelt und zweimal operiert. Während des ersten Krankenhausaufenthalts wurde ihr die Arbeitsstelle zum 14.7.2006 gekündigt; ab dem 15.7.2006 bezog sie Krankengeld, sodann ab 11.10.2007 Arbeitslosengeld i.H.v. kalendertäglich 23,87 EUR. Nicht zuletzt aus der Krebserkrankung resultierte bei ihr eine psychische Belastungsstörung, die teilstationär in einer Tagesklinik behandelt wurde. Vom 29.8.2007 bis 10.10.2007 nahm sie an einer Reha-Maßnahme in der S-klinik C teil. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 12.10.2007, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 172 bis 174 GA verwiesen wird, leidet sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Hypothyreose, einem Zustand nach einem malignen Melanom an der Nase, Verdacht auf Lumboischialgie sowie einer Arzneimittelallergie. Die sie behandelnden Ärzte sahen "eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf 3 bis unter 6 Stunden sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiterin (Büroangestellte) wie auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes". Es sei damit zu rechnen, dass...