Leitsatz (amtlich)

Bei einer periradikulären Therapie (PRT) kann die Aufklärung am Tag des Eingriffs dann rechtzeitig sein, wenn der Patient in der Vergangenheit anlässlich vergleichbarer Eingriffe ausreichend aufgeklärt war.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 823

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 30.12.2014; Aktenzeichen 6 O 143/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 30.12.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der am 21.12.1975 geborene Kläger hat von den Beklagten wegen vermeintlicher ärztlicher Behandlungsfehler in der Hauptsache die Zahlung eines mit mindestens 30.000,00 EUR für angemessen gehaltenen Schmerzensgeldes, die Freistellung von der Forderung aus der MRT-Honorarrechnung vom 29.12.2011 über 1.010,60 EUR, den Ersatz materiellen Schadens in Höhe von 716,38 EUR für ein orthopädisches Privatgutachten sowie die Feststellung weiter gehender Ersatzpflicht begehrt.

Der Kläger, der wegen Rückenbeschwerden in den Bandscheibenbereichen C5/6 und C 6/7 seit 2008 mehrfach zur Schmerzausschaltung im Institut für Mikrotherapie des Beklagten zu 1) CT-gesteuerte periradikuläre Therapien (PRT) erhalten hatte, stellte sich dort am 9.12.2011 erneut vor. An diesem Tag unterzeichnete er auch einen Aufklärungsbogen. Erhielt sodann am selben Tage eine periradikuläre Therapie im Bereich C 6/7. Ob es dabei zu plötzlichen Schmerzen und einem unwillkürlichen Emporschießen der Hand kommen ist, ist streitig. Am 19.12.2011 fand eine weitere Behandlung statt, bei der auch eine MRT-Aufnahme durchgeführt wurde und eine erneute periradikuläre Therapie stattfand. Ein weiterer Behandlungstermin war am 11.1.2012. Ob zu dem Zeitpunkt eine neurologische Kontrolluntersuchung angeboten, aber von dem Kläger abgelehnt worden ist, ist streitig.

Die Parteien haben erstinstanzlich insbesondere darüber gestritten, ob die Behandlung vom 9.12.2011 kontraindiziert gewesen und behandlungsfehlerhaft mit der Folge einer Nervverletzung durchgeführt worden sei, und ob die Behandlungen vom 19.12.2011 mangels Hinzuziehung eines Neurologen befunderhebungsfehlerhaft sowie mangels Steigerung der Schmerzmittelgabe auch insoweit behandlungsfehlerhaft gewesen ist.

Das LG hat die Klage nach mündlicher und schriftlicher Begutachtung durch den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. T abgewiesen.

Die CT-gesteuerte periradikuläre Therapie sei wegen der bestehenden Cervicobrachialgien, bereits erfolgloser anderweitiger konservativer Behandlungen und der Schmerzlinderung durch diese Therapie in der Vergangenheit indiziert gewesen. Nach den Feststellungen des orthopädischen Sachverständigen habe der Indikation auch nicht die ohnehin nur geringe Strahlenbelastung entgegengestanden, ohne dass diese Feststellung eines radiologischen Zusatzgutachtens bedurft habe.

Es lasse sich auch nicht feststellen, dass bei der Durchführung der Therapie am 9.12.2011 Behandlungsfehler unterlaufen seien. Anhand des Ausdrucks des CT-Bildes sei die Positionierung der Injektionsnadeln korrekt. Dies habe der orthopädische Sachverständige auch ohne Hinzuziehung eines Radiologen beurteilen können, weil Orthopäden zur Durchführung einer solchen Therapie fachlich geeignet seien und deshalb auch die CT-Bilder beurteilen können müssten. Selbst wenn aber die Beklagte zu 2) die Nervenwurzel punktiert haben sollte, handele es sich nur um eine Komplikation. Überdies bestehe die Besonderheit, dass der Kläger unmittelbare Schmerzreaktionen bei der Injektion, die einen Hinweis auf eine Nervenwurzelirritation darstellen könnten, nicht bewiesen habe. Dabei stelle auch der Umstand, dass sich der Zustand des Klägers nach der Injektion verschlimmert habe, kein zwingendes Indiz für einen Behandlungsfehler dar.

Auch die Nachbehandlung seien nicht zu beanstanden. Die Anfertigung eines MRT und die Verordnung von Schmerzmitteln und Physiotherapie seien notwendig und ausreichend gewesen. Ebenfalls sei auch ohne neurologisches Gutachten festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Neurologen nicht notwendig gewesen sei, weil es sich um die Behandlung im orthopädischen Fachgebiet handele. Im Übrigen sei dem Kläger die Hinzuziehung eines Neurologen angeboten, vom Kläger aber abgelehnt worden.

Aufklärungsfehler seien nicht gegeben. Echte Behandlungsalternativen hätten nicht bestanden. Auch die Risikoaufklärung sei nicht zu beanstanden. Zwar sei der von den Beteiligten unterzeichnete Aufklärungsbogen vom 8.12.2011 nicht mit individualisierenden Ergänzungen versehen. Individualisierenden Ergänzungen seien aber für Behandlungen der Vergangenheit im Aufklärungsbogen vom 7.7.2010 erfolgt. Darüber hinaus habe ein umfassendes Aufklärungsgespräch bereits vo...

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