Leitsatz (amtlich)
Die mit einem groben ärztlichen Behandlungsfehler verbundene Beweislastumkehr kann entfallen, wenn ein Patient in vorwerfbarer Weise ärztliche Anordnungen oder Empfehlungen missachtet, so eine mögliche Mitursache für den erlittenen Gesundheitsschaden setzt und dazu beiträgt, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann.
Normenkette
BGB §§ 253, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 5 O 34/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. April 2017 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. April 2017 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Alleinerbin ihres am 12.12.1969 geborenen und am 22.03.2015 verstorbenen Ehemannes I Schmerzensgeld und Schadensersatz (u.a. Unterhaltsansprüche) wegen einer behaupteten fehlerhaften Behandlung geltend. Aus der Ehe sind die Kinder K1, geb. am xx.xx.1997, und K2, geb. am xx.xx.2002, hervorgegangen. Der mittlerweile volljährige Sohn hat seine Ansprüche an die Klägerin abgetreten.
Am 26.02.2015 stellte sich der Ehemann der Klägerin aufgrund von Thoraxbeschwerden bei seinem Hausarzt vor, der den Verdacht auf eine "instabile Angina pectoris" äußerte und ihn ins Krankenhaus einwies.
Die Aufnahme erfolgte einen Tag später im Hause der Beklagten, wobei auch dort der Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung bestand.
Es erfolgten klinische und bildgebende Untersuchungen sowie ein EKG, Blutuntersuchungen und eine Langzeitblutdruckmessung. Am 01.03.2015 äußerte der Verstorbene seine Unzufriedenheit, dass am Wochenende keine weiteren Untersuchungen durchgeführt wurden und verließ entgegen dem Rat des Arztes das Krankenhaus.
Er begab sich am 05., 11. und 12.03.2015 nochmals in hausärztliche Behandlung, wo ihm am 12.03.2015 eine dringende Krankenhausbehandlung angeraten wurde. Am 20.03.2015 erfolgte eine hausärztliche Einweisung mit der Diagnose "Angina pectoris". Der Verstorbene stellte sich im Klinikum T vor und vereinbarte dort lediglich einen Termin zur kardiologischen Abklärung für den 24.03.2015. Eine unmittelbare stationäre Aufnahme lehnte er ab.
Am Morgen des 22.03.2015 fand die Klägerin ihren Mann tot im Bett vor. Der Notarzt stellte als Todesursache "Herzversagen" fest. Eine Obduktion fand nicht statt.
Die Klägerin hat sodann von der Beklagten ein Schmerzensgeld von mindestens 2.000 EUR, Beerdigungskosten von 4.557,33 EUR sowie Unterhaltsansprüche für sich und die Kinder von monatlich mindestens 5.000 EUR verlangt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr Mann fehlerhaft behandelt worden sei. Man habe nicht die erforderlichen medizinischen Maßnahmen ergriffen, obwohl die Beschwerden auf eine mögliche schwere Herzerkrankung hingewiesen hätten. Zudem sei der Arztbericht viel zu spät an den Hausarzt übersandt worden und ihr Ehemann sei auch nicht ausreichend auf das durch den Behandlungsabbruch bestehende Risiko hingewiesen worden.
Das Landgericht hat sachverständig beraten durch S im Hinblick auf eine fehlende ASS-Gabe einen groben Behandlungsfehler angenommen und im Hinblick auf unterlassene wiederholte EKG-Untersuchungen und Blutuntersuchungen einen einfachen Fehler angenommen und sodann im Hinblick auf eine Beweislastumkehr die Beklagte entsprechend verurteilt. Der Mitverschuldenseinwand greife nicht durch, weil der Sachverständige nicht habe feststellen können, dass das Verhalten des Verstorbenen zu seinem Tod beigetragen habe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Sie macht geltend, dass das Landgericht ihrem Beweisantritt nicht nachgegangen sei, dass überhaupt kein akutes Geschehen im Zeitpunkt der Aufnahme vorgelegen habe. Dies habe sich nämlich auch aus der Dokumentation nicht entnehmen lassen.
Dann wäre auch die Gabe von ASS nicht erforderlich gewesen.
Dem Verstorbenen, wie unter Beweisantritt vorgetragen worden sei, sei mitgeteilt worden, dass man eine schwerwiegende Erkrankung abklären müsse und dazu noch weitergehende Untersuchungen erfolgen müssten.
Das Landgericht habe zudem nicht ausreichend zwischen Primär- und Sekundärschaden unterschieden.
Letztlich stehe hier noch nicht einmal die Todesursache genau fest, so dass der Sachverständige auch gar nicht ...