Leitsatz (amtlich)
1. Die Weigerung der Unterhaltsberechtigten, ihren Miteigentumsanteil an einer Immobilie an den Pflichtigen gegen Haftungsfreistellung zu übertragen, stellt keinen Verwirkungsgrund gem. § 1579 Nr. 5 BGB dar, auch wenn die Gefahr besteht, dass ein Teilungsversteigerungsverfahren durchgeführt werden muss.
2. Zur Herabsetzung und Befristung von Krankenunterhalt.
Normenkette
BGB §§ 1353, 1572, 1578b, 1579
Verfahrensgang
AG Bochum (Urteil vom 01.06.2010; Aktenzeichen 87 F 261/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 1.6.2010 verkündete Ur-teil des AG - Familiengericht - Bochum im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (III. des Urteilstenors) teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung (9.9.2010) nachehelichen Unterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:
a) 9.9.2010 bis 30.4.2012 575 EUR,
b) 1.5.2012 bis 31.12.2013 300 EUR.
Hinsichtlich der Fälligkeit verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Entscheidung.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Antragsteller zu 1/3 und der Antragsgegnerin zu 2/3 auferlegt. Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der am 16.2.1965 geborene Antragsteller und die am 16.5.1969 geborene Antragsgegnerin heirateten am 23.5.1997. Aus ihrer Ehe gingen keine Kinder hervor. Die Trennung erfolgte am 22.2.2008. Der Scheidungsantrag wurde am 19.2.2009 zugestellt. Die Ehe wurde durch das angefochtene Urteil vom 1.6.2010 geschieden. Bezüglich der Ehescheidung und des Versorgungsausgleichs ist das Urteil seit dem 9.9.2010 rechtskräftig. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften von monatlich 141,67 EUR und 19,78 EUR, bezogen auf den 31.1.2009, übertragen.
Der Antragsteller ist als Fluggerätemechaniker bei der M beschäftigt.
Die Antragsgegnerin bezieht seit 1.7.1995 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die ihr auf unbestimmte Zeit bewilligt worden ist. Die Deutsche Rentenversicherung Bund beabsichtigt jedoch ausweislich der Auskunft in der Folgesache Versorgungsausgleich, in bestimmten Zeitabständen die weitere Rentenberechtigung zu überprüfen. Zum 1.7.2010 belief sich die Rente auf 800,02 EUR. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs wird die Rente der Antragsgegnerin nach einer vorläufigen Berechnung der Deutschen Rentenversicherung Bund ab 1.10.2010 945,69 EUR netto betragen.
Die Parteien erwarben durch notariellen Vertrag vom 8.2.2008 - 14 Tage vor der Trennung - zu je ½-Anteil zwei Eigentumswohnungen (Erdgeschoss links und Erdgeschoss Mitte) in dem 12-Familien-Haus C-Straße 12 in C zum Preis von 177.000 EUR. Nach einem vom Antragsteller privat eingeholten Gutachten beträgt der Verkehrswert der Wohnungen 105.000 EUR bzw. 47.000 EUR. Der Kaufpreis wurde durch zwei gemeinschaftlich aufgenommene Darlehen bei der Sparkasse über 138.000 EUR und bei der L über 39.000 EUR finanziert. Die Darlehensraten (885,50 EUR sowie 211,71 EUR) werden in vollem Umfang allein vom Antragsteller erbracht, der die größere der beiden Wohnungen mit einer Wohnfläche von 83 qm auch selbst bewohnt. Zweitinstanzlich gehen die Parteien übereinstimmend von einem Wohnwert von 438,37 EUR aus. Die weitere 37 qm große Wohnung ist vermietet. Die Nettokaltmiete beträgt unstreitig 186 EUR.
Ferner nahm der Antragsteller ein an die Eigennutzung gebundenes Arbeitgeberbaudarlehen i.H.v. 10.000 EUR auf, welches er mit monatlich 88 EUR zurückzahlt.
Die Antragsgegnerin hat unter näherer Darlegung im Einzelnen nachehelichen Unterhalt gem. § 1572 BGB gegen den Antragsteller geltend gemacht.
Sie hat beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Ehescheidung monatlich im Voraus Unterhalt i.H.v. 1.310 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem jeweils 2. Werktag eines jeden Monats zu zahlen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Verbundantrag zum nachehelichen Unterhalt abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, der Antragsgegnerin stehe kein Unterhalt zu. Ein etwaiger sich rechnerisch ergebender Unterhaltsanspruch sei gem. § 1578b BGB auf den angemessenen Bedarf herabzusetzen. Es lägen keine ehebedingten Nachteile vor. Die Ehedauer von 11 Jahren sei ohne Belang, da eine wirtschaftliche Verflechtung im Sinne von getroffenen Vermögensdispositionen im Vertrauen auf den Fortbestand von Unterhaltsansprüchen nicht gegeben sei. Den angemessenen Bedarf könne die Antragsgegnerin durch ihre Erwerbsunfähigkeitsrente decken. Die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, habe die Fähigkeit der bereits vor Eheschließung erkrankten Antragsgegnerin, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, nicht beeinträchtigt. Aus den BGH-Entscheidungen vom 26.11.2008 (XII ZR 131/07) und 14.10.2009 (XVII ZR 146/08) ergebe sich ...