Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung einer Konzernmuttergesellschaft für den Wettbewerbsversstoß einer Tochtergesellschaft.

 

Normenkette

UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 26.11.2014; Aktenzeichen 44 O 160/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.11.2014 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Essen wird mit folgenden Maßgaben zurückgewiesen:

a) am Ende des ersten Satzes der Urteilsformel des angefochtenen Urteils (Unterlassungsausspruch) wird folgende Formulierung angefügt: "wie geschehen im Fall des Kunden B im August 2013";

b) die Ordnungsmittelandrohung in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils erhält folgende neue Fassung: "Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und an den Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der Beklagten zu 1) und an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten zu 2) zu vollziehen ist."

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Soweit die Beklagten zur Unterlassung verurteilt worden sind, können sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 30.000,00 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils und des angefochtenen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird für die Beklagte zu 2) zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin erbringt Telekommunikationsdienstleistungen für Privat- und Geschäftskunden. Sie bietet ihren Kunden insbesondere Festnetztelefonanschlüsse an.

Die Beklagte zu 1), eine offene Handelsgesellschaft, erbringt ebenfalls Telekommunikationsdienstleistungen für Privat- und Geschäftskunden und bietet ihren Kunden ebenfalls Festnetztelefonanschlüsse an. Sie tritt hierbei im geschäftlichen Verkehr u.a. unter der Marke "O2" auf. Persönlich haftende Gesellschafterinnen der Beklagten zu 1) sind mit einem Anteil von 99,99 % die Beklagte zu 2) (eine Aktiengesellschaft) und mit einem Anteil von 0,01 % die "Telefónica Germany Management GmbH", deren Alleingesellschafterin wiederum die Beklagte zu 2) ist (vgl. den als Anlage K17 [=Blatt 620-835 der Gerichtsakte] vorliegenden Geschäftsbericht der Beklagten zu 2) für das Geschäftsjahr 2012, dort insbesondere S. 116 [=Blatt 737 der Gerichtsakte]). Nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) liegt im Innenverhältnis der beiden Gesellschafterinnen die Geschäftsführungsbefugnis - jedenfalls für das Tagesgeschäft der Beklagten zu 1) - bei der Telefónica Germany Management GmbH. Ein Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrag zwischen der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) existiert nicht. Die Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2) sind zugleich - neben weiteren Personen - Geschäftsführer der Telefónica Germany Management GmbH.

Die Beklagte zu 2) ist die Muttergesellschaft eines von ihr als "Telefónica Deutschland Group" bezeichneten Konzerns (vgl. die Begriffsbestimmung auf S. 211 des Geschäftsberichts [=Blatt 832 der Gerichtsakte]) und erstellt für diesen Konzern jährliche Konzernabschlüsse. In diese Konzernabschlüsse werden die Beklagte zu 1) und die Telefónica Germany Management GmbH jeweils zu 100 % einbezogen (vgl. die Auflistung der Konzerngesellschaften auf S. 206 des Geschäftsberichts [=Blatt 827 der Gerichtsakte]).

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sind Mitglieder des Arbeitskreises "Technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und Netzzusammenschaltung". Zu dessen Arbeitsergebnissen zählen u.a. die "Spezifikation Administrative und betriebliche Abläufe beim Wechsel des Teilnehmernetzbetreibers" (Anlage K5 = Blatt 33-62 der Gerichtsakte) sowie die "Spezifikation der elektronischen Schnittstelle zum Austausch von Auftragsdaten des TNB/VNB-Wechsel" (Anlage K6 = Blatt 63-126 und Blatt 141-194 der Gerichtsakte). Diese "Spezifikationen" regeln im Verhältnis zwischen den beteiligten Telekommunikationsunternehmen (Teilnehmernetzbetreibern [TNB]) die organisatorischen und technischen Abläufe beim Wechsel eines Kunden von einem Teilnehmernetzbetreiber zu einem anderen Teilnehmernetzbetreiber. Sie sehen vor, dass ein Kunde, der einen solchen Wechsel vornehmen will, dem neuen Teilnehmernetzbetreiber (TNBaufnehmend) nach Möglichkeit auf einem hierfür vorgesehenen Formular (Muster Blatt 62 der Gerichtsakte) in Schriftform eine für den bisherigen Teilnehmernetzbetreiber (TNBabgebend) bestimmte Kündigungserklärung für den bisherigen Telefonanschluss, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Auftra...

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