Leitsatz (amtlich)
Will der Patient nur durch einen bestimmten Arzt, z.B. einen bestimmten Chefarzt, behandelt werden, so muss der Patient den Behandlungsausschluss durch andere Ärzte hinreichend deutlich machen.
Die Indikation des operativen Vorgehens einer Nasennebenhöhlen- und Nasenmuscheloperation ist jedenfalls dann zu bejahren, wenn die konservativen Therapiemethoden erschöpft sind.
Normenkette
BGB §§ 611, 280, 823
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 25.01.2013; Aktenzeichen 4 O 210/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.1.2013 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger litt seit längerer Zeit unter einer andauernden Behinderung der Nasenatmung und häufigen Entzündungen der Nasennebenhöhlen. Am 10.7.2007 stellte er sich in der Ambulanz der Klinik der Beklagten zu 1) vor. Zur Durchführung eines operativen Eingriffs vereinbarte er mit dem Beklagten zu 2) eine Chefarztbehandlung. Am 11.7.2007 wurde die Operation komplikationslos durchgeführt. Im Anschluss daran kam es zu einer Nachblutung, die mittels in die Nase eingebrachter Tamponaden gestoppt werden konnte. Ferner entwickelte sich vorübergehend eine Schwellung des linken Auges, ohne dass Einschränkungen des Sehvermögens eintraten. Am 13.7.2007 wurde der Kläger auf eigenen Wunsch aus der Klinik der Beklagten zu 1) entlassen.
Der Kläger hat ein Schmerzensgeld i.H.v. 75.000 EUR sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden mit der Begründung beantragt, die durchgeführte Operation sei nicht indiziert gewesen und ohne ausreichende Aufklärung durchgeführt worden. Die nach der Operation aufgetretene Nachblutung sei nicht sachgemäß behandelt worden. Wegen der erlittenen Angst vor dem Verbluten sei er traumatisiert und befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung.
Das LG hat die Klage nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen mündlicher Erläuterung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei weder fehlerhaft behandelt noch unzureichend aufgeklärt worden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der operative Eingriff vom 11.7.2007 medizinisch indiziert gewesen, weil eine weitere konservative Behandlung nicht mehr erfolgversprechend gewesen sei, nachdem eine Stereoidtherapie frustran durchgeführt worden sei. Die Durchführung der Operation sei nicht zu beanstanden gewesen. Die Nachblutung sei nicht auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen gewesen. Es handele sich vielmehr um ein behandlungsimmanentes Risiko. Die Nachbehandlung beim Auftreten der Blutung sei fachgerecht erfolgt, insbesondere ergäben sich keine Hinweise auf einen lebensgefährlichen Blutverlust. Der Kläger sei ausweislich der von ihm unterzeichneten Aufklärungsbögen auch ausreichend, insbesondere rechtzeitig aufgeklärt worden. Dass über das Risiko einer Nachblutung aufgeklärt worden sei, ergebe sich bereits aus der handschriftlichen Ergänzung auf dem Aufklärungsbogen. Aus dem Formular ergebe sich auch, dass eine alternative Behandlung mittels Cortison nicht mehr in Betracht komme, wenn diese frustran verlaufe. Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, der operative Eingriff sei nicht indiziert gewesen, weil die konservativen Therapien nicht ausgeschöpft gewesen seien. Dass eine medikamentöse Therapie durchgeführt worden sei, sei nicht ersichtlich und ergebe sich insbesondere nicht aus dem Arztbrief des Dr. L, der auch nicht Hals-Nasen-Ohren-Arzt, sondern Lungenfacharzt sei. Die einschlägige Leitlinie empfehle aber eine längerfristige antibiotische Therapie. Dass der operative Eingriff kontraindiziert gewesen sei, habe auch der pathologische Befund bestätigt. Die Operation sei fehlerhaft verlaufen, da aufgrund eines falschen Zugangs oder einer fehlerhaften Präparation eine Arterie in der Nase verletzt worden sei. Die Resektion der mittleren Nasenmuschel sei nicht erforderlich gewesen. Die Laborbefunde sprächen für einen erheblichen Blutverlust, der nur durch die Operation verursacht worden sein könne. Die Indikation für einen Eingriff an der mittleren Nasenmuschel habe der Sachverständige nicht bestätigt. Dass eine Blut-Substitution unterlassen worden sei, sei ebenfalls fehlerhaft gewesen. Darüber hinaus sei eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht nachgewiesen worden. Der Kläger habe in eine Operation durch den Beklagten zu 3) nicht eingewilligt. Es fehle an der erforderlichen Grundaufklärung, da eine Aufklärung über das gravierende Risiko einer Erblindung nicht erfolgt sei. Über eine alternative konservative Behandlung sei nicht aufgeklärt worden. Eine Aufklärung am Vortag sei in Anbetracht der Risiken des Eingriffs ver...