Leitsatz (amtlich)

Das beklagte Land und die beklagte Stadt haften aus unterschiedlichen Gründen nicht auf Schadensersatz für rechtswidrige Ordnungsverfügungen, mit denen Annahmestellen für Sportwetten geschlossen werden.

 

Normenkette

GG Art. 34; BGB § 839; OBG § 39

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 09.09.2011; Aktenzeichen 5 O 5/11)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das am 9.9.2011 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Bochum werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) jeweils ½ der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des beklagten Landes und der Kläger zu 2) die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; dieses Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagten vor der Vollstreckung nicht Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird für die Klägerin zu 1) zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen von Feststellungsanträgen über das Bestehen von Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüchen der Kläger gegenüber den Beklagten wegen der Untersagung von Wettannahmenstellen für Sportwetten, die die Kläger zu unterschiedlichen Zeiträumen in C, C-Straße, betrieben haben.

Die Klägerin zu 1) (im Folgenden: die Klägerin) begehrt mit ihrem ausschließlich gegen das beklagte Land zu 1) (im Weiteren beklagtes Land) gerichteten Antrag die Feststellung der Ersatz- bzw. Entschädigungspflicht für sämtliche Schäden, die sie infolge einer Ordnungsverfügung der beklagten Stadt zu 2) (im Weiteren: beklagte Stadt) vom 12.9.2006 (Anlage K 8 zur Klageschrift) und deren Vollziehung erlitten hat oder eventuell noch erleidet.

Die Verfügung war auf die §§ 1, 2, 3 - 5, 14, 20 OBG NW i.V.m. § 12 Abs. 1 Ziff. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland - Lotteriestaatsvertrag - LoStV in der vom 26.6.2004 bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: LoStV) in Verbindung mit dem Gesetz zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland in der ab dem 22.6.2004 geltenden Fassung im Anwendungsbereich des nordrheinwestfälischen Sportwettengesetzes in der ab dem 4.6.2004 geltenden Fassung (im Weiteren: SportWettG NW) gestützt. Die Klägerin hatte die Betriebsstätte zum 17.9.2006 geschlossen und nach erfolglosen Widerspruchsverfahren davon abgesehen, gerichtlichen Rechtschutz gegen die Untersagungsverfügung und deren Vollziehung zu suchen.

Der Feststellungsantrag, den der Kläger zu 2) (im Folgenden: der Kläger) im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gegen beide Beklagte geltend macht, ist auf Feststellung der Ersatzpflicht beider Beklagter für sämtliche bereits entstandene und möglicherweise zukünftig noch eintretende Schäden gerichtet, die er (der Kläger) infolge der Ordnungsverfügung der beklagten Stadt vom 18.11.2010 (Anlage K 12 zur Klageschrift) und deren Vollziehung bereits erlitten hat oder zukünftig noch erleidet.

Diese Untersagungsverfügung war auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - Glücksspielstaatsvertrag - in der vom 1.1.2008 bis zum 31.11.2012 geltenden Fassung (im Weiteren GlüStV 2008) und das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (im Weiteren: GlüStV 2008 AG NW) gegründet. Der Kläger hatte am 17.9.2010 aufgrund eines mit der Klägerin geschlossenen (Unternehmens-) Pachtvertrages vom 16.9.2010 (Anlage BK 2 zum klägerischen Schriftsatz vom 21.9.2012) die Vermittlung von Sportwetten außerhalb des Pferdesportbereichs für die in Malta ansässige IBA Entertainment Limited (im Folgenden IBA), die über eine ausländische, ab dem 17.1.2011 gültige "Class II Remote Gaming Licence" (Anlage BK 5 zum klägerischen Schriftsatz vom 21.9.2012) verfügte und nach maltesischer Rechtspraxis bereits zuvor aufgrund eines "Letter of Intent" tätig sein durfte, aufgenommen. Grundlage der Vermittlungstätigkeit war ein (undatierter) zwischen der Klägerin und der IBA geschlossener Vertrag über die Vermittlung von Sportwetten ab dem 1.4.2010 (Anlage BK 3 zum klägerischen Schriftsatz vom 21.9.2012) nebst "Ergänzung zum Wettvermittlungsvertrag" (Anlage BK 4 zum klägerischen Schriftsatz vom 21.9.2012). Nach Erhalt der Untersagungsverfügung vom 18.11.2010 stellte der Kläger den Betrieb zum 25.11.2010 ein und erhob Anfechtungsklage gegen die Untersagungsverfügung zum VG Gelsenkirchen (Az.: - 19 K 5350/10). Die Betriebsräume wurden verpachtet.

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