Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel in einem Finanzierungsleasingvertrag über die Überlassung, Anpassung und Implementierung einer Softwarelösung (sog. "Bundle Lease über eine Systemlösung"), in der sich der Leasinggeber für den Fall des Scheiterns des Projekts bis zu einem von ihm selbst gesetzten spätesten Fertigstellungszeitpunkt das Recht vorbehält, vom Leasingvertrag zurückzutreten und dem Leasingkunden die erbrachten Lieferungen und Leistungen anzudienen, und den Leasingkunden verpflichtet, Vorfinanzierungsleistungen sowie an den Lieferanten erbrachte Zahlungen (Dienstleistungen, Anzahlungen) zu erstatten und wieder anstelle des Leasinggebers in die mit dem Lieferanten geschlossenen Verträge einzutreten, ist wegen Verstoßes gegen die Generalklausel des § 307 BGB unwirksam, da sie wesentliche Rechte der Leasingkunden und Pflichten des Leasinggebers so sehr einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist und die Leasingkunden rechtlos gestellt werden.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 05.12.2006; Aktenzeichen 18 O 227/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.10.2008; Aktenzeichen VIII ZR 258/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 5.12.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Bürgen für Zahlungsverpflichtungen der zwischenzeitlich insolventen Fa.F. GmbH (im Weiteren F), deren Mitgeschäftsführer der Beklagte war, i.H.v. 96.384,11 EUR nebst Zinsen aufgrund seiner Bürgschaftserklärung vom 23.6.2005 in Anspruch. Sie verlangt in erster Linie Zahlung eines Kaufpreises aus einem Andienungsrecht und in zweiter Linie Erstattung ihrer Zahlungen an die Fa. S. GmbH.

Die F schloss am 23.4.2005 mit der Fa. S einen Vertrag über die Überlassung, Anpassung und Implementierung der Softwarelösung proFood "IRP II". Die Finanzierung des Vertrages sollte über die Klägerin als Leasinggesellschaft erfolgen. Die Klägerin und die Beklagte unterzeichneten am 23.6./7.7.2005 einen Leasingvertrag unter der Überschrift "Bundle-Lease über eine Systemlösung" mit einem "Gesamtanschaffungswert" von 400.000 EUR, wobei die Systemlösung insgesamt bis zum 30.4.2006 fertiggestellt werden sollte. Als "spätester Fertigstellungszeitpunkt" wurde der 30.6.2006 angegeben. Die Vertragslaufzeit sollte mit der Abnahme-Erklärung der FVG beginnen. Auf S. 2 heißt es im 3. Absatz des Formularleasingvertrages unter der Überschrift "Kauf- und Erstattungsangebot des Kunden/Vollamortisationsanspruch der Leasinggesellschaft":

"Für den Fall, dass die Systemlösung oder Systemmodule bis zu einem vereinbarten spätesten Fertigstellungszeitpunkt von dem Kunden nicht abgenommen wurden, oder die Einführung von Systemmodulen oder der Systemlösung insgesamt zuvor scheitert, ist die Leasinggesellschaft berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten. Der Rücktritt erfasst alle nicht bereits abgenommenen Systemmodule. Für den Fall des Rücktritts bietet der Kunde der Leasinggesellschaft schon heute an, die an die Leasinggesellschaft erbrachten Lieferungen und Leistungen, die nicht als selbständig nutzungsfähige Systemmodule abgenommen wurden, zum Selbstkostenpreis der Leasinggesellschaft abzukaufen (Hard- und Software), der Leasinggesellschaft von ihr geleistete sonstige Zahlungen (Dienstleistungen, Anzahlungen) zu erstatten, eine Vergütung von Vorfinanzierungsleistungen an die Leasinggesellschaft zu leisten und wieder anstelle der Leasinggesellschaft in die mit den Lieferanten geschlossenen Verträge einzutreten - s. Ziff. 12. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease."

Dem Formularleasingvertrag fügte die Klägerin in der Anlage 1 ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bundle-Lease bei. Nach Ziff. 1. dieser Bedingungen sollte "im Verhältnis zur Leasinggesellschaft ... allein der Kunde für die Koordination Auswahl und Überprüfung der Lieferanten und deren Leistungen verantwortlich (Projektverantwortlicher)" sein. Nach Ziff. 5 "Gewährleistung/Haftung für die ordnungsgemäße Leistung der Lieferanten" hat der Kunde gem. Ziff. 5.4 im Falle eines "Rücktritts vom Beschaffungsvertrag ... die Leasinggesellschaft so zu stellen, wie sie ohne den Abschluss des Vertrages und die dadurch bedingte Beschaffung der Hard- und/oder Software stehen würde. Hiernach hat er die Anschaffungskosten der Hard- und/oder Software, die geleisteten Zahlungen für die Dienstleistungen und die bis zur Aufhebung des Vertrages anfallenden Vertragskosten, insbesondere die Finanzierungskosten, zu zahlen".

In Ziff. 12. heißt es unter der Überschrift Scheitern des Projektes:

"12.1 Sollte der Gegenstand (Systemlösung oder im Vertrag vereinbarte selbständig nutzun...

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