Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl getrennter steuerlicher Veranlagung durch den Unterhaltsberechtigten rechtfertigt keine Verwirkungsfolge
Leitsatz (amtlich)
1. Wählt der Unterhaltsberechtigte ohne vorherige Rücksprache mit dem Unterhaltspflichtigen die getrennte steuerliche Veranlagung, so liegt allein darin in der Regel noch keine mutwillige Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen i.S.d. § 1579 Nr. 4 BGB.
2. Der Versuch eines Prozessbetruges beginnt mit dem Einreichen bewusst unwahren Parteivortrags bei Gericht; das Merkmal der Täuschung wird in diesem Fall bereits dadurch verwirklicht, dass der Richter hiervon bestimmungsgemäß Kenntnis nehmen soll.
Verfahrensgang
AG Gronau (Westfalen) (Urteil vom 27.02.2003; Aktenzeichen 13 F 39/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.2.2003 verkündete Urteil des AG – FamG – Gronau teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt in folgender Höhe zu zahlen:
- für Januar 2002 restliche 231,00 Euro
für die Zeit vom 1.2.–31.8.2002
monatlich 315,00 Euro,
für die Zeit vom 1.9.–30.11.2002
monatlich 206,00 Euro,
- für die Zeit vom 1.12.–31.12.2002 315,00 Euro,
für die Zeit vom 1.1.–31.7.2003
monatlich 296,50 Euro
und
- für die Zeit vom 1.8.–23.8.2003 220,00 Euro.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte zu 60 % und die Klägerin zu 40 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind seit September 2001 getrennt lebende und seit dem 23.8.2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute, die um den Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt für die Zeit ab November 2001 streiten.
Beide Ehegatten waren und sind erwerbstätig, die im September 1999 geschlossene Ehe blieb kinderlos. Seit der Trennung lebt die Klägerin wieder bei ihren Eltern, der Beklagte lebt seit März 2002 mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen.
Die Klägerin, deren Einkommen vor der Trennung nach Steuerklasse 5 besteuert wurde, hat im April 2002 für das Jahr 2001 zunächst eine getrennte steuerliche Veranlagung beantragt, die auf der Grundlage eines Steuerbescheides vom 10.5.2002 zu einer Steuererstattung von 3.367 Euro führte, deren Erhalt die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren erstmals im Verhandlungstermin vom 22.8.2002 auf Nachfrage einräumte. Nachdem sich die Parteien später auf eine gemeinsame steuerliche Veranlagung verständigt hatten, wurde der Bescheid vom 10.5.2002 aufgehoben und die Klägerin zur Rückzahlung des ihr gewährten Erstattungsbetrages aufgefordert, die inzwischen nach ihren Angaben auch erfolgt ist. Als Folge der gemeinsamen Veranlagung hat der Beklagte letztlich im Jahr 2003 für das Jahr 2001 eine Steuernachzahlung i.H.v. 26,11 Euro leisten müssen.
Die Klägerin hat ihr monatsdurchschnittliches Erwerbseinkommen erstinstanzlich auf der Basis der Zahlen des Jahres 2001 mit 1.577,54 DM beziffert und hiervon Zahlungen auf einen Pkw-Kredit mit monatlich 250 DM in Abzug gebracht, Sie hat dem ein behauptetes monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen des Beklagten von 4.189,09 DM abzgl. von ihm erbrachter Zahlungen auf einen weiteren Pkw-Kredit für das damalige Fahrzeug des Beklagten i.H.v. 350 DM gegenübergestellt und so einen ihr zustehenden Aufstockungsunterhalt von monatlich 550,34 Euro ermittelt, dessen Zahlung sie unter Anrechnung einer erbrachten Unterhaltszahlung des Beklagten von 1.600 DM = 818,07 Euro klageweise geltend gemacht hat.
Der Beklagte ist dem Unterhaltsbegehren der Klägerin entgegengetreten. Er hat sich unter Hinweis auf die von der Klägerin ursprünglich – nach seiner Darstellung ohne vorherige Rücksprache – beantragte getrennte steuerliche Veranlagung für das Jahr 2001 sowie den Umstand, dass die Klägerin die daraufhin erfolgte Steuererstattung für das Jahr 2001 erst auf Nachfrage im Termin vom 22.8.2002 eingeräumt hat, auf Verwirkung berufen und daneben weitere einkommensmindernde Belastungen in Form der Kosten für die Unterbringung eines während der Ehe angeschafften Hundes, Beitragszahlungen für die Kfz-Versicherung der Klägerin sowie einen auf ihren Namen laufenden d-Box-Premiere-World-Vertrag und erhöhte Wohnkosten nach Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung geltend gemacht.
Das AG hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung unter näherer Darlegung ausgeführt, die Klägerin habe jeglichen Unterhaltsanspruch verwirkt, da sie sich in schwerwiegender Weise mutwillig über die Vermögensinteressen des Beklagten hinweggesetzt habe, indem sie ohne vorherige Rücksprache mit ihm für das Jahr 2001 eine getrennte Veranlagung gewählt und anschließend auch noch die ihr gewährte Steuererstattung zunächst verschwiegen habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Unterhaltsbegehren unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags in vollem Umfang ...