Entscheidungsstichwort (Thema)
Streupflicht auf öffentlichen Parkplätzen
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 15.05.2003; Aktenzeichen 2 O 198/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - das am 15.5.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg so abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 491,68 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 23.5.2002 zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 70 % und der Beklagten zu 30 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Glätteunfalls, den er am Abend des 20.12.1999 gegen 18:00 Uhr auf dem städtischen Parkplatz "..." an der ...-Straße in ... erlitten hat. Nach seiner Darstellung ist er auf dem Rückweg von einem Arztbesuch auf einer vereisten Bodenwelle des Parkplatzes gestürzt und hat sich dabei eine Fraktur des Mittelhandknochens zugezogen. Unstreitig war der Parkplatz am Abend des 20.12.1999 weder geräumt noch gestreut.
Das LG hat die Klage nach Anhörung des Klägers zum Unfallhergang, Einholung eines Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes und Zeugenvernehmung abgewiesen. Es hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers bereits an den zeitlichen Voraussetzungen der Streupflicht der Beklagten scheitern lassen, weil nicht festzustellen sei, dass am Unfalltag mit einer allgemeinen Glättebildung hatte gerechnet werden müssen. Selbst wenn man mit dem Absinken der Temperaturen unter den Nullpunkt gegen 18:00 Uhr am Unfalltag eine allgemeine Glättebildung auf dem Parkplatz unterstellte, so habe die Beklagte den Parkplatz keinesfalls sogleich abstreuen müssen, vielmehr habe sie sich zunächst Stellen mit höherer Verkehrsbedeutung zuwenden dürfen. Jedenfalls sei dem Beklagten ein anspruchsausschließendes Eigenverschulden anzulasten, weil er nicht dargelegt habe, warum er gerade am 20.12.1999 zwingend einen Arzt habe aufsuchen und sich deshalb der extremen Glätte habe aussetzen müssen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht geltend, das LG sei in seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft von den Feststellungen des Deutschen Wetterdienstes zu den Witterungsverhältnissen am 20.12.1999 im ... Raum abgewichen, wonach gegen 18:00 Uhr die meteorologischen Voraussetzungen für Glätte vorgelegen hätten. Er behauptet weiterhin, der innenstadtnahe und aufgrund des Weihnachtsmarktes noch in den Abendstunden sehr belebte Parkplatz sei am späten Nachmittag des 20.12.1999 vollständig mit einer Schneedecke überzogen und vereist gewesen. Er vertritt deshalb nach wie vor die Ansicht, die Beklagte habe den Parkplatz abstreuen müssen. Trotz geeignetem Schuhwerk und äußerster Vorsicht sei er auf dem Rückweg zu seinem Pkw gestürzt, wobei sein Arztbesuch wegen anhaltender Schulterschmerzen an diesem Tage unabdingbar gewesen sei.
II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger kann wegen seines Sturzes vom 20.12.1999 von der Beklagten gem. §§ 839, 847 a.F. BGB i.V.m. §§ 9, 9a StrWG NRW, 1 Abs. 2 StrRG NRW, Art. 34 GG teilweisen Ersatz seiner hierbei entstandenen materiellen Schäden und darüber hinaus Schmerzensgeld beanspruchen.
1. Die Beklagte war für die Winterwartung auf dem öffentlichen Parkplatz, hoheitlich zuständig (§ 1 Abs. 1 StrRG NRW).
2. Gegen diese Verpflichtung zur Winterwartung hat die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verstoßen und hierdurch eine Gesundheitsschädigung des Klägers verursacht.
a) Der Senat hat zunächst keine Zweifel daran, dass der Kläger tatsächlich an der von ihm bezeichneten Nahtstelle zwischen Zufahrt und Parkbereich auf dem Parkplatz "..." bei Schneeglätte gestürzt und sich dabei die ärztlich festgestellte Mittelhandknochenfraktur zugezogen hat. In dieser Überzeugung stützt sich der Senat auf die detaillierte und überzeugende Unfallschilderung des Klägers selbst; Anhaltspunkte für unwahre Angaben sind nicht ersichtlich.
b) Der Parkplatz "..." gehört räumlich zu den Verkehrsflächen, die bei winterlicher Glätte abgestreut und erforderlichenfalls auch geräumt werden müssen. Für einen öffentlichen Parkplatz innerhalb geschlossener Ortslage besteht nach anerkannter Rechtsprechung die Pflicht der Gemeinde zur Winterwartung, wenn die Wagenbenutzer, die von ihnen befahrenen Teile des Parkplatzes nicht nur mit wenigen Schritten betreten müssen und es sich um einen belebten Parkplatz handelt (BGH VersR 1966, 90; OLG Köln v. 25.6.1981 - 7 U 45/81, VersR 1983, 162; OLG Düsseldorf OLGReport 1993, 68).
Dass die Fahrzeugbenutzer nicht nur wenige Schritte auf dem Parkplatz zurücklegen müssen, um bestreute und damit sichere Straßenteile zu erreichen, wird durch die vom Kläger eingereichten Lichtbilder belegt und im Übrigen auch von der Beklagten selbst nicht in Abrede gestellt. Darüber hinaus ist die Beklagte der durch zahlreiche Indizien belegten Behauptung des Klägers, der Parkplatz sei belebt und daher verkehrswesentli...